Der Nationale Qualifikationsrahmen (NQR) ist ein Instrument zur Einordnung von Qualifikationen des österreichischen Bildungssystems in acht NQR-Qualifikationsniveaus.
Der NQR hat sowohl die Transparenz und Vergleichbarkeit von Qualifikationen in Österreich und Europa zum Ziel, als auch die Förderung des lebensbegleitenden (formalen, nicht-formalen und informellen) Lernens.
Der NQR dient der Orientierung, ist jedoch (leider noch) kein Instrument, das zum Aufstieg in eine andere/höhere Stufe in der Bildungslaufbahn berechtigt.
Grundlage der Arbeiten am Nationalen Qualifikationsrahmen ist die Zielsetzung einen gemeinsamen Europäischen Qualifikationsrahmen – EQR zu schaffen, der sämtliche Bildungssysteme und Qualifikationen in Europa umfasst.
Der EQR ist in seinem Kern ein achtstufiger Vergleichs- und Übersetzungsraster, der die Vielzahl nationaler Qualifikationen europaweit vergleichbar und verständlich machen soll.
Das soll letztlich dazu führen, die Qualifikationen der gesamten Bildungslandschaft anhand von Lernergebnissen abbilden zu können.
Lernergebnisse stellen dabei gemeinsame Basis für die Beschreibung und Vergleichbarkeit von Qualifikationen in der komplexen und vielschichtigen Qualifizierungslandschaft Europas dar.
Der EQR beabsichtigt dabei nicht, in nationale Bildungssysteme einzugreifen bzw. entgegen des Subsidiaritätsprinzips die Kompetenzen der Mitgliedstaaten im Bildungsbereich zu verändern.
Sein zentrales Ziel ist die Schaffung einer „Zone gegenseitigen Vertrauens“, in der Bildungsabschlüsse und die damit verbundenen Lernergebnisse transnational verstanden und transparent dargestellt werden können.
Was sind Qualifikationen und Lernergebnisse?
Qualifikationen sind das Ergebnis eines Beurteilungs-und Validierungsprozesses, bei dem eine dafür zuständige Stelle feststellt, dass Lernergebnisse vorgegebenen Standards entsprechen.
Lernergebnisse wiederum werden in diesem Kontext als Kenntnisse, Fertigkeiten und Kompetenzen verstanden. Sie können sowohl in Aus-, Fort- oder Weiterbildung oder aber auch im Arbeitsprozess erworben werden.
Wie wird zugeordnet?
Die Zuordnung von Qualifikationen durchläuft einen genau definierten Prozess, den die nationale NQR-Koordinierungsstelle (NKS) im Auftrag des BMBWF koordiniert.
Bei formalen Qualifikationen – basierend auf einer gesetzlichen Basis – müssen die zuständigen Ministerien oder Institutionen das Zuordnungsersuchen an die NKS richten.
Bei nicht-formalen Qualifikationen richten Bildungsanbieter/innen ihr Gesuch zuerst an eine der sechs NQR-Servicestellen, die dann das Zuordnungsgesuch an die NKS richtet.
Die formale und inhaltliche Prüfung wird durch die NKS und gegebenenfalls unter Einbeziehung sachverständiger Personen, jedenfalls durch die Beratung und Stellungnahme NQR-Beirats durchgeführt.
Der Vorschlag der Zuordnung wird dann in die NQR-Steuerungsgruppe eingebracht. Wird dem Vorschlag stattgegeben, wird die Zuordnung im NQR-Register veröffentlicht und wird dadurch offiziell.
Welche Qualifikationen wurden bereits zugeordnet?
Auf der Seite Qualifikationsregister der Nationalen Koordinierungsstelle werden die bereits getätigten Zuordnungen veröffentlicht.
Spezifika im Bereich Hochschulbildung
Bachelor/Master/Doktorat und PhD:
Qualifikationen der Bologna-Architektur (Bachelor, Master und PhD) sind laut NQR-Gesetz auf Basis der Deskriptoren für den europäischen Hochschulraum (Dublin Deskriptoren) zugeordnet.
So ist der Bachelor auf Stufe 6, der Master auf Stufe 7 und das Doktorat/PhD auf Stufe 8 bereits per Gesetz zugeordnet.
Zuordnung Anerkennung/Anrechnung:
Eine Zuordnung einer Qualifikation auf einer NQR-Stufe muss getrennt von einer Anrechnung oder Anerkennung von Prüfungen oder Studienabschlüssen gesehen werden.
Eine Anerkennung von Prüfungen oder Studienabschlüssen kann nur durch die jeweilige Hochschulinstitution erfolgen, an der ein Studium angestrebt wird.
Nähere Informationen finden Sie unter Anerkennung.
Mein Vorschlag nun den NQR als Instrument zu nutzen, das die jeweilige Einordnung einer Qualifikation zum Aufstieg in eine andere/höhere Stufe in der Bildungslaufbahn berechtigt.
Im März 2023 beispielsweise forderte die Wiener Wirtschaftskammer Lehrabschlüsse als Studienberechtigung anzuerkennen.
Argument: die Anerkennung würde die Durchlässigkeit der beruflichen Bildung Richtung tertiärer Ausbildung erhöhen.
Diesem Argument stimme ich zu und würde die Durchlässigkeit gerne auf weitere Bereiche ausdehnen, wie die Anrechnung einer Meister- oder Befähigungsprüfung auf ein Bachelorstudium, welches dann in ein oder zwei Jahren absolviert werden könnte.
Oder als weiteres Beispiel: die Einstufung der Plegefachassistenz auf Niveau 5 des NQR sollte das anschließende Medizinstudium auch ohne Matura ermöglichen und nicht „nur“ das Studium an einer FH für Gesundheitsberufe (Bachelorstudium Gesundheits- und Krankenpflege) erlauben.
Da der EQR ein europäisches Projekt ist, würde zudem ein regerer Bildungsaustausch zwischen Berufspraxis und tertiärer Ausbildung auch zwischen den Ländern der Europäischen Union erfolgen können.
Fragen zum Beitrag und zu Möglichkeiten die es jetzt schon gibt, zu interessanten Studienangeboten und Lehrgängen bitte an martin.stieger@viennastudies.com
Prof. Dr. Dr. Martin Stieger
Bildung ist der Gamechanger:
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