Da immer wieder diskutiert wird, wo die Abgrenzung zwischen dem reglementierten Gewerbe LSB und einer neuen selbständigen Tätigkeit liegt, hier eine auch mit der WKO OÖ diskutierte Abgrenzung:
Werden Wissen, Inhalte oder Erfahrungen in Form eines Vortrags oder einer Präsentation vermittelt, spricht man von Vortragstätigkeit im rechtlichen Sinn.
Dabei geht es nicht um individuelle Problemlösung, sondern um die allgemeine Weitergabe von Wissen zu einem bestimmten Thema.
Wenn also keine persönliche Beratung erfolgt, sondern z. B. ein Fachvortrag oder ein Impulsreferat gehalten wird, kann diese Tätigkeit ohne Gewerbeschein und im Rahmen der Neuen Selbstständigkeit ausgeübt werden.
Auch Workshops oder Seminare sind möglich, solange keine gezielte Begleitung oder Beratung durchgeführt wird; es ist somit nicht die Gruppengröße entscheidend, sondern die Art der Tätigkeit.
Sobald bei einem Gespräch/Seminar/Vortrag/Workshop und dgl. gemeinsam Probleme oder Herausforderungen im Leben aufgezeigt und persönliche Lösungen dafür erarbeitet werden, spricht man von Beratung im rechtlichen Sinn.
Dabei werden durch Analyse der „Ist-Situation“ Defizite ausgelotet und auf den individuellen Fall zugeschnittene Wissensinhalte mit einer Anleitung zu deren Umsetzung vermittelt.
Wird somit gezielt auf die individuelle Situation eingegangen und konkrete Hilfestellung gegeben – z. B. durch Tipps zur Selbsthilfe, Übungen oder Veränderungsschritte –, handelt es sich um eine Tätigkeit, die zur Lebens- und Sozialberatung gehört.
Auch Gespräche über Themen wie Standortbestimmung, Lebenskrisen oder die Stärkung der Selbstwahrnehmung zählen dazu.
Für diese Art von Beratung sind ein entsprechender Gewerbeschein sowie eine fachliche Qualifikation vorgeschrieben.
Beispiele:
- In einem Gruppensetting wird eine Übung angeleitet (z. B. zur Stressbewältigung), anschließend spricht jeder Teilnehmerin über persönliche Erfahrungen damit – es erfolgt Reflexion, Interpretation und Unterstützung →Beratung
- Im Rahmen eines Workshops geben Sie den Teilnehmenden maßgeschneiderte Empfehlungen oder Veränderungsschritte auf Basis ihrer Situation → Beratung
- Sie bieten eine Methode zur „Selbstfindung“ an, und gehen im Gespräch auf individuelle Gefühle, Blockaden oder Prägungen ein → Beratung
- Sie halten Vorträge oder Seminare über gesunde Ernährung, geben allgemeine Tipps zu Lebensmitteln und Mahlzeitenplanung. Die Teilnehmenden bekommen Rezepte oder Ernährungsempfehlungen, aber es erfolgt keine individuelle Analyse oder Beratung zu persönlichen Essproblemen → neue Selbstständigkeit
- Sie vermitteln Techniken zur Stressreduktion, Konzentrationssteigerung oder Entspannung in Gruppen. Die Übungen sind allgemein gehalten und richten sich an alle Teilnehmenden gleichermaßen, ohne individuelle Lebenssituationen zu besprechen oder Lösungen zu erarbeiten → neue Selbstständigkeit
- Sie arbeiten mit einer Einzelperson und sprechen nicht über ihre persönlichen Probleme, sondern vermitteln ein Fachthema → neue Selbstständigkeit
- Die Judikatur sieht die folgenden Tätigkeiten
- die Auswahl von Nahrungsmittellieferanten;
- den Einkauf und die Auswahl von Nahrungsmitteln;
- die Zubereitung von Speisen (etwa Vollwertkost) nach einem von dritter Seite erstellten Ernährungs- oder Diätplan;
- die Variation von Speisen im Rahmen des von dritter Seite erstellen Ernährungs- oder Diätplan;
- die Ausarbeitung individueller Rezepte;
- die Führung eines Haushaltsbuches;
- das Zählen von Kalorien;
- die Führung einer Kalorien- oder Gewichtstabelle;
- das Ausmessen von Körpermaßen
- die Buchführung darüber oder das Führen eines Ernährungsprotokolls auch als
→ neue Selbstständigkeit
Abschließend ist zu beachten, dass die Ausbildung zu bestimmten, gesetzlich geregelten Gesundheitsberufen ausschließlich durch Ausbildungseinrichtungen mit entsprechender Bewilligung durchgeführt werden darf.
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Prof. Dr. Dr. Martin Stieger
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