Globalisierung, Digitalisierung, Klimaschutz oder Alterung der Gesellschaft – diese Megatrends wirken sich nachhaltig auf Technologien, Ökonomie und ganze Wertesysteme in einer Gesellschaft aus. Sie verändern oder verdrängen etablierte Geschäftsmodelle und sogar ganze Branchen.
Um die Auswirkungen dieser Megatrends auf die Wirtschaftsbranche Handwerk zu ermitteln, hat das Baden-Württembergische Handwerk unter der Projektsteuerung der Handwerkskammer Konstanz ein neues Studienprojekt mit dem Titel New Work: Der Einfluss von Megatrends und Geschäftsmodellinnovationen auf die Arbeit im Handwerk der Zukunft – konkretisiert am Schreinerhandwerk und mit Handlungsempfehlungen für Betriebe, Handwerksorganisation und Politik.
Das Projekt wurde im Rahmen der Zukunftsinitiative Handwerk 2025 des Landes Baden-Württemberg mit 84.500 Euro bezuschusst.
Der Anpassungsdruck auf die Handwerksunternehmen wird immer größer.
Durch das Projekt sollte erhoben werden, wie sich die aktuellen Megatrends auf das Handwerk auswirken.
Außerdem sollten dem Handwerk konkrete Handlungsempfehlungen, Lösungsmuster und Denkanstöße an die Hand gegeben werden.
Der Wandel zeige sich bereits in vielen Teilbereichen des Handwerks, wie Georg Hiltner, Hauptgeschäftsführer der Handwerkammer, an Beispielen erläutert: Fotografen, deren Handel mit Fotoapparaten und Filmkameras durch die Konkurrenz der Smartphones zum Nischengeschäft wurde, Uhrmacher, deren klassisches Geschäftsmodell durch den wachsenden Markt der Smart Watches zunehmend in Bedrängnis gerät, Kraftfahrzeugtechniker, die sich auf die neue E-Mobilität umstellen müssen oder Schreinerbetriebe, die seit langem gegen den massiven Konkurrenzdruck der Möbelindustrie kämpfen. „Die eher kleiner strukturierten Handwerksunternehmen haben vielfach nicht die Möglichkeit, sich Expertise von außen einzukaufen, um sich für die Zukunft zu wappnen. Daher ist das New-Work-Projekt gerade für sie von großer Wichtigkeit“, so Hiltner.
Konzeptionell und wissenschaftlich geleitet wurde die Studie von Professor Dr. Jürgen Wagenmann, Leiter des Instituts für KMU und Handwerk an der Allensbach Hochschule Konstanz.
„Einige Handwerksbetriebe haben das Themenfeld Megatrends, Zukunftsstrategie und Geschäftsmodellinnovation noch gar nicht auf ihrem Radar, da sie sich momentan noch in ihrer Komfortzone wähnen. Sobald jedoch der Anpassungsdruck beginnt spürbar weh zu tun, wird es für Anpassungen in vielen Fällen zu spät sein“, so der Experte. „Es geht uns also auch um Sensibilisierung. Allerdings wird es im Detail je nach Gewerk auch unterschiedliche Zukunftsstrategien geben. Am Beispiel des Schreinerhandwerks zeigen wir im Rahmen des Projekts die Herangehensweise, was dann als Blaupause für alle anderen Gewerke dienen kann.“
Studie formuliert Denkanstöße und Handlungsempfehlungen für das Handwerk
Das Institut für KMU und Handwerk ist eine rechtlich selbständige Einrichtung an der Allensbach Hochschule Konstanz (An-Institut). Die Hochschule fördert mit diesem Institut die Forschung im KMU- und Handwerkssektor, stärkt den Austausch zwischen Wissenschaft und Wirtschaftspraxis und treibt die Internationalisierung der Hochschule voran. Zu den Aufgabenbereichen des Instituts gehören Wissenstransfer, Beratung, Forschung und Lehre. Schwerpunkte sind die Bildungsberatung in den Themen Bildung 4.0, E-Learning, duale berufliche Aus- und Weiterbildung sowie duale Hochschulbildung, ferner der Wissenstransfer mit Beratung für Unternehmen, Kammern und Verbänden aus dem KMU- und Handwerkssektor. Die meisten Projekte sind öffentlich gefördert.
Im Rahmen der Studie wurde in verschiedenen Workshops erarbeitet, welche aktuellen und zukünftigen Herausforderungen sich aus den Megatrends für Handwerksbetriebe ergeben, inwieweit sie diese meistern können und ob die gesamte Handwerksorganisation für diese Herausforderungen gut gewappnet ist. Aus den Analysen haben die Autoren um Prof. Dr. Jürgen Wagenmann Denkanstöße und Handlungsempfehlungen für die Handwerksbetriebe, die Handwerkskammern, die Handwerksorganisation allgemein und die Politik formuliert. Einige Ergebnisse im Überblick:
- Die Megatrends werden die Arbeit im Handwerk und die handwerklichen Berufsbilder mittel- und langfristig grundlegend verändern. Diese Veränderungen bergen für die Handwerksbetriebe sowohl Bedrohungs- als auch Chancenpotenzial.
- Die Workshops zeigten eindrücklich, dass es den Schreinermeistern nicht leichtfiel, aus der herrschenden Branchenlogik des Hier und Heute auszubrechen, über die Erfordernisse des Tagesgeschäfts hinauszublicken und das eigene Geschäftsmodell zu formulieren und kritisch zu überdenken. Das Denken in Geschäftsmodellen und diese regelmäßig im Kontext der allgemeinen Entwicklungen anzupassen, muss im Handwerk deutlich gestärkt werden.
- Eigenmarketing, Öffentlichkeitsarbeit und Medienkompetenz sind in Teilen der heterogenen Organisationen des Handwerks noch verbesserungsfähig.
- Der rasante technische Fortschritt und die zunehmende Digitalisierung verwischen die Grenzen zwischen Handwerk, Industrie und Dienstleistung zusehends.
Die Studie umfasst 120 Seiten und ist kostenlos unter www.hwk-konstanz.de/new-work erhältlich.
Die Allensbach Hochschule:
Die Allensbach Hochschule ist eine staatlich anerkannte Hochschule des Bundeslandes Baden-Württemberg und bietet verschiedene berufsbegleitende Bachelor- und Masterprogramme im Bereich der Wirtschaftswissenschaften an.
Die Studiengänge der Allensbach Hochschule sind durch die Akkreditierungsagentur ZEvA akkreditiert und als Fernstudiengänge konzipiert.
Alle Studiengänge sind zusätzlich von der Staatlichen Zentralstelle für Fernunterricht (ZFU) zugelassen.
Die Allensbach Hochschule hat sich voll der Digitalisierung verschrieben und setzt bei ihren Programmen auf vollständig online-basierte Vorlesungen, die in geschützten Räumen stattfinden und aufgezeichnet werden.
Das digitale Lernen wird durch didaktisch hochwertig aufbereitete Studienmaterialien unterstützt, welche die Studierenden in ihrem eigenen Lerntempo bearbeiten können.
Bei Fragen steht jederzeit ein/e Tutor/in oder Dozent/in zur Verfügung.
Neben der Lehre spielt die Forschung an der Allensbach Hochschule eine wichtige Rolle.
So richtet die Hochschule beispielsweise jährlich das Bodensee-Forum zu den Themen Krise, Sanierung und Turnaround aus und gibt die wissenschaftliche Fachzeitschrift „Zeitschrift für Interdisziplinäre Ökonomische Forschung“ heraus. Auch im Jahr 2021 wurden wieder interessante Beiträge eingereicht, die neue wissenschaftliche Erkenntnisse enthalten und einen Beitrag zur aktuellen ökonomischen Forschung leisten.
Fragen zum Beitrag, interessanten Studienangeboten und Lehrgängen bitte an martin.stieger@allensbach-hochschule.de
Prof. Dr. Dr. Martin Stieger
hält eine Professur für Berufsbildung und Wirtschaftspädagogik, lehrt an der Allensbach Hochschule in Konstanz, ist dort auch Rektor