Hofrat Dipl.Dolm. Mag. Dr. Martin Josef Stieger
Lebenslauf
Hofrat Dr. Martin Josef Stieger wurde am 11. Mai 1922 in dem malerischen mittelfränkischen Städtchen Dinkelsbühl als Auslandsösterreicher geboren.
Sein Vater kehrte 1924 nach Bad Schallerbach, in seine oberösterreichische Heimat, zurück, wo er beim Bau des Bades als Hilfsarbeiter werkte. Die Gattin blieb mit ihren drei Kindern in ihrer fränkischen Heimat.
In Dinkelsbühl besuchte Stieger die Volksschule sowie die Realschule mit Handelsabteilung.
Als Bahnschüler machte er anschließend in Nördlingen die Oberrealschule.
Nach Hitlers Machtergreifung trat er 1934 der katholischen Jugendbewegung (DJK) bei.
1938 Beitritt zur Hitlerjugend im Zusammenhang mit der Schwertertanz- und Zunftreigengruppe der Dinkelsbühler Kinderzeche.
Nach der Reifeprüfung im April 1940 Einberufung zum Reichsarbeitsdienst im Raum Magdeburg. Die Ableistung des RAD war Voraussetzung für die Zulassung zum Hochschulstudium.
Nach dem erfolgreichen Abschluss des Westfeldzuges wurde seine RAD-Abteilung in Belgien zum „Beutesammeln“ eingesetzt.
Ende August 1940 zum Studium entlassen.
Nach wenigen Studienwochen an der Universität Graz (Jus und Russisch) wurde er irrtümlich, ohne sich gemeldet zu haben, als Freiwilliger Oktober 1940 nach München zum Pionierersatzbataillon 7 einberufen.
Nach acht Wochen Grundausbildung kam er zum Pionierbataillon 7, das in Flandern lag. 1941 Verlegung nach Polen nach Modlin, von dort in das Waldgebiet an der Sowjetgrenze. Angeblich diente das der Vorbereitung einer Invasion in England.
Er erzählt darüber: „Anfang Mai 1941 hörten wir, die Sowjetbolschewisten planten einen Angriff auf Deutschland. Daher übten wir auch fest Panzerabwehr.“
Juni 1941 begann der Vormarsch der 7. Infanteriedivision südlich der Rollbahn Minsk-Smolensk- Moskau.
In den ersten Dezembertagen war ein letzter, allerdings erfolgloser Versuch eines Angriffs auf das zum Greifen nahe Moskau. Im Rahmen der 7. ID kämpfte damals beispielhaft die Legion Tricolore, die aus französischen Freiwilligen bestand.
Darüber erzählt Martin Josef Stieger: „Ihnen machte der harte Winter fast noch mehr zu schaffen als uns.“
Anfang 1942 kam es zu „Frontbegradigungen“.
Im Juni 1942 wurde Stieger mit drei Durchschüssen in der rechten Hand verwundet. Lazarett- und Genesungsaufenthalte in der Heimat. In diese Zeit fiel auch der erste Heimaturlaub. Im Spätherbst dann wieder beim Ersatztruppenteil in München.
Jänner bis April 1943 Kriegsschule in Dessau-Roßlau. Anschließend als Leutnant zum Pionierbataillon 297 in Südwestfrankreich. Frühsommer 1943 wurde die neu aufgestellte Stalingrad-Division nach Jugoslawien verlegt. Nach der Kapitulation Italiens übernahm sie den Nordabschnitt Albaniens. Die ebenso neu aufgestellte 100. Jägerdivision lag im Südteil. Sie wurde im Frühjahr 44 herausgezogen. Die 297 ID übernahm ganz Albanien.
Mit 1944 wurde Stieger Bataillonsadjutant. Er unterhielt ausgezeichnete Beziehungen zu den nationalalbanischen Kräften. Sie informierten ihn über Vorhaben und Pläne der Partisanen. So erfuhr er rechtzeitig vom breit angelegten Partisanenangriff auf die deutschen Einheiten im Raum Fieri, sowie im übrigen Mittelalbanien unterrichtet. Er warnte die benachbarte MG-Kompanie. Der zuständige IC der Division hingegen schnauzte ihn zusammen, er solle sich nicht um Dinge kümmern, die ihn nichts angingen. Stieger setzte seinen Bataillonsstab in Alarmbereitschaft. So kam es, dass er dann beim massierten Partisanenangriff der einzige Verwundete (mit einem Durchschuss des linken Oberkiefer) seiner Einheit war.
Nach verschiedenen Lazarettaufenthalten in Tirana, Belgrad, Wien und Breslau wieder beim Ersatztruppenteil. Vor Kriegsende sollte er zum Armeepionierführer IV als Adjutant kommen. Doch dorthin gelangte er nicht, sondern zu einem „Pionierstab z.b.V.“, der aus drei Offizieren sowie einem Fahrer bestand und ziemlich funktionslos vor den Amerikanern herumkurvte.
Nach der Kapitulation im Mai 1945 von den Amerikanern den Sowjets übergeben. Der Weg in die Kriegsgefangenschaft hatte begonnen: Über das Lager Hoyerswerda kam er nach Transkaukasien, nach Georgien. Bis September 1947 war er den Lagern von Tkibuli, wo er u.a. ein volles Jahr im Kohlenschacht arbeitete. Dann Abtransport zur „Entlassung“ nach Rustawi. Ein Teil kam im Dezember 1947 nach Hause. Er war bei den anderen.
In Rustawi wurde Martin Josef Stieger Augenzeuge eines bewaffneten Ausbruchsversuches sowjetischer Häftlinge aus dem nahen Gulag.
Im Spätsommer 1949 hatte Stieger erneut großes Glück. Die MWD-Sekretärin brauchte einen Schreiber für die Liste der Gefangenen, die ins Regimelager verlegt werden sollten. Stieger bekam nun seinen eigenen MWD-Akt in die Hände. Nach einigem Zögern entfernte er daraus einen ganz obenauf liegenden Zettel, auf dem stand, Stieger sei Juni 1941 bis Juni 1942 bei der 7. Infanteriedivision gewesen, die in den Büchern des MWD verzeichnet ist. Über eine Teilnahme von ihm an Kriegsverbrechen sei nichts bekannt. Stieger ist überzeugt, dass er deshalb mit dem nächsten Transport in die Heimat fahren konnte, wo er am 29. November 1949 ankam.
Seit Februar 1995 Obmann des Bezirksverbandes Wels des Heimkehrerverbandes Österreichs, der Organisation ehemaliger Kriegsgefangener.
Kriegsauszeichnungen: EK II, KVK II, Verwundetenabzeichen, Sturmabzeichen, Winterkampfmedaille. 50 % kriegsbeschädigt.
Studium:
1950 Wiederaufnahme des Studiums an der Universität Graz: Jusstudium, Dolmetschstudium Russisch und Übersetzerstudium Französisch mit den Abschlüssen: Diplom-Dolmetsch für Russisch, Akademisch geprüfter Übersetzer für Französisch und Mag. Dr.jur.
1956/57 Studium der Rechtsvergleichung an der Universität Paris.
1957 – 1959 Gerichtspraxis in Wien mit gleichzeitigem Studium an der Universität in Luxemburg (Diplom/Oberdiplom für Rechtsvergleichung).
Beruf:
1953 bis 1962 freier Mitarbeiter des Institutes zur Erforschung der UdSSR in München.
1960 Eintritt in den Schuldienst an der Bundeshandelsakademie Linz.
November 1976 bis 31. 12. 1987 Direktor der HAK I in Wels.
Gleich nach seiner Heimkehr trat er dem Heimkehrerverband in Graz bei. März 1995 wurde Stieger zum Bezirksobmann des HVÖ Wels bestellt.
Verschiedene Publikationen und Zeitungsartikel über Fragen der Sowjetunion und der kommunistischen Bewegung.
Familie:
1960 Hochzeit mit Brigitte Erika Stieger, geb. Mauk, Diplomkrankenschwester.
Sechs Kinder, die alle die Reifeprüfung an der Handelsakademie ablegten:
Martin Gennadij, geb. 1960
Walter Michael, geb. 1962
Josef Nikolaus, geb. 1963
Kinga Andrea, geb. 1965
Georg Wilhelm, geb. 1967
Karl Erwin, geb. 1969