Prof. Heinz Faßmann musste als Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung gehen, nicht weil er als Minister versagt hatte, sondern weil er ohne Hausmacht (Bundesland oder Teilorganisation) war und die steirische ÖVP einen Ministerposten für sich reklamierte.
Der politischen Logik folgend wollen sich alle Landesparteien in der Bundesregierung wiederfinden und so kamen etwa 15,5 % der bei der Nationalratswahl gültig für die ÖVP abgegebenen Stimmen (278.228 von 1,789.417) aus der Steiermark (Anteil der steirischen unter den österreichischen Wahlberechtigten 15,1 %).
Den größten Machtfaktor in der ÖVP stellt allerdings unbestreitbar die ÖVP Niederösterreich dar.
20 % der Wahlberechtigten leben hier und jede vierte (!!!) ÖVP-Stimme (24,3 %) bei den NR-Wahlen 2019 kam aus Niederösterreich.
Die niederösterreichische Landeshauptfrau erzielte bei den Landtagswahlen 2018 49,6 % und regiert mit absoluter Mehrheit im flächenmäßig größten Bundesland Österreichs.
17,4 % der auf die ÖVP bei der NRW 2019 entfallenen Stimmen kamen aus Oberösterreich, was in etwa dem Anteil der Stimmberechtigten (17,2 %) entspricht.
Bei der Landtagswahl 2021 kam die ÖVP in Oberösterreich auf 37,6 %.
Daher war – die Familienministerin wird der ÖVP OÖ zugerechnet – bei der Regierungsumbildung auch nicht mehr zu holen als ein Staatssekretariat.
Die ÖVP aus Vorarlberg ist nun auf Ministerebene vertreten (Finanzminister Magnus Brunner), ein Vorschuss auf die Zukunft, denn bei 4,3 % der Wahlberechtigten lieferten die Vorarlberger nur 3,8 zum Bundesergebnis 2019 ab.
3,6 % der Wahlberechtigten leben im Burgenland, 6,9 % in Kärnten, 20,1 % in Niederösterreich, 17,2 % in Oberösterreich, 6,2 % in Salzburg, 15,1 % in der Steiermark, 8,5 % in Tirol, 4,3 % in Vorarlberg und 18 % in Wien.
Der Anteil an den ÖVP-Stimmen bei der NRW 2019:
Burgenland 4 % (über dem Anteil der Wahlberechtigten)
Kärnten 6 % (unter dem Anteil der Wahlberechtigten)
Niederösterreich 24,3 % (sehr deutlich über dem Anteil der Wahlberechtigten)
Oberösterreich 17,4 % (knapp über dem Anteil der Wahlberechtigten)
Salzburg 7,7 % (sehr deutlich über dem Anteil der Wahlberechtigten)
Steiermark 15,5 % (knapp über dem Anteil der Wahlberechtigten)
Tirol 9,9 % (sehr deutlich über dem Anteil der Wahlberechtigten)
Vorarlberg 3,8 % (unter dem Anteil der Wahlberechtigten)
Wien 11,3 % (sehr deutlich unter dem Anteil der Wahlberechtigten)
Die Bedeutung der Westachse?
Die Bundesländer Tirol, Vorarlberg und Salzburg bilden in der ÖVP die sogenannte Westachse.
In diesen drei Bundesländern leben zusammengezählt ziemlich genau 19 % der Wahlberechtigten und wurden anlässlich der Nationalratswahl hier 21,4 % der ÖVP-Stimmen erzielt.
Obgleich rund 10 % der für die ÖVP bei der NRW 2019 abgegebenen Stimmen aus Tirol kamen (hier leben 8,5 % der Wahlberechtigten) und die Landes-ÖVP daher durchaus selbstbewusst aufzutreten vermag, ist die ÖVP Niederösterreich in der Bundespartei wohl gewichtiger zu hören, also die gesamte Westachse.
24,3 % – also jede vierte Stimme – des gesamten ÖVP-Stimmergebnisses bei der NRW 2019 kamen allein aus Niederösterreich.
Daher sieht die neue Bundesregierung auf Seite der ÖVP auch so aus, wie sie aussieht:
In neuen Funktionen:
- Bundeskanzler Karl Nehammer, ist zwar ein Wiener Politiker (Obmann des Wiener ÖAAB), wurde aber in der niederösterreichischen ÖVP sozialisiert
- Innenminister Gerhard Karner (Niederösterreich)
- Finanzminister Magnus Brunner (Vorarlberg)
- Bildungsminister Martin Polaschek (Steiermark)
- Staatssekretärin Claudia Plakolm (Oberösterreich)
Im Amt bleiben:
- Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (Salzburg),
- Familienministerin Susanne Raab (Oberösterreich)
- Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (Niederösterreich)
- Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (Tirol)
- Landwirtschafts- und Tourismusministerin Elisabeth Köstinger (Kärnten)
- Arbeitsminister Martin Kocher .
Die Wiener ÖVP liefert mit 11,3 % der ÖVP-Stimmen bei der NRW 2019 nicht viel mehr ab als die Tiroler ÖVP (9,9 %) obwohl 18 % der Wahlberechtigten in Wien leben und nur 8,5 % in Tirol.
Bei der SPÖ ist es naturgemäß umgekehrt.
Bei den 2019 anlässlich der NRW für die SPÖ abgegebenen Stimmen kamen 22 % aus Wien (allerdings auch 20 % aus NÖ und 18 % aus OÖ).
Bemerkenswert sind in der SPÖ die Stimmen aus dem Burgenland.
Das kleinste Bundesland (nur 3,6 % der Wahlberechtigten Österreichs leben hier), lieferte mit knapp 55.000 Stimmen jede 20ste SPÖ-Stimme für das Bundesergebnis (5,4 % !) ab und ließ damit die Bundesländer Tirol, Salzburg und Vorarlberg hinter sich.
Aber das ist eine andere Geschichte.
Dieser Beitrag enthält Produktplatzierungen?
Nein, aber meinen politischen Hintergrund muss ich wohl offenlegen.
Ich bin seit 1975 Mitglied der ÖVP in Oberösterreich (damals Eintritt in die Junge ÖVP), jetzt ÖAAB (auch schon mehr als 35 Jahre)
Prof. Dr. Dr. Martin Stieger
hält eine Professur für Berufsbildung und Wirtschaftspädagogik, lehrt an der Allensbach Hochschule in Konstanz, ist dort auch Rektor, arbeitet für VIS – Vienna International Studies , die Österreichische Plattform für gesundheitsbezogene Berufe (OGB), das IHM Institut für Heath Management sowie als Unternehmensberater und Wirtschaftsmediator in Wels (OÖ)
Was ist Politik?
Polit-Wiki im StadtTV Wels
Wahlanalyse Gemeinderatswahl 2021 in Wels: