Schon seit geraumer Zeit macht die Allergen-Kennzeichnungsrichtlinie der EU den österreichischen Wirten Sorgen:
https://www.wko.at/Content.Node/branchen/oe/Nahrungs–und-Genussmittelindustrie–Lebensmittelindustrie-/Kennzeichnung_-_Allergene.html
Jetzt muss gehandelt werden: Ab 13. Dezember sind Österreichs Gastronomen verpflichtet, bei ihren Speisen Zutaten, die Allergien oder Unverträglichkeiten hervorrufen können, auszuweisen. Jedoch nicht wie befürchtet in schriftlicher Form.
Der Richtlinie kann durch die mündliche Information über Inhaltsstoffe Genüge getan werden. Die Betroffenen (Gäste) müssen also weiterhin nachfragen, ob die für sie schädlichen glutenhaltigen Getreide oder Milchprodukte bei der Zubereitung verwendet wurden. Die von der Gastrobranche befürchteten Speisekarten im Telefonbuchformat bleiben bei der österreichischen Lösung also aus.
Restaurantgäste, die etwa an Glutenunverträglichkeit oder Lactoseintoleranz leiden, müssen auch dann weiterhin aktiv nach den für sie schädlichen Inhaltsstoffen fragen, wenn das Lokal ihrer Wahl die mündliche Form der Deklaration wählt.
Möglichkeit zur Information ausweisen!
Die Möglichkeit zur Information durch geschultes Personal muss dabei entweder auf der Karte oder andernorts im Lokal gut sichtbar sein. Laut WKÖ wird die österreichische Verordnung mit den Umsetzungsrichtlinien in Kürze veröffentlicht. Es bleibt aber jedem Lokalbetreiber überlassen, die von der EU weitergehende, schriftliche Form der Ausweisung der 14 betroffenen Hauptallergene zu wählen.
Die Übergangsphase von einem Jahr begründete die WKO damit, dass die rund 55.000 Gastronomie- und 28.000 Hotelleriebetriebe Zeit für die Schulungen des Personals für die 2011 beschlossene EU-Verordnung benötigen würden. Kein Gastronom müsse daher fürchten, dass im kommenden Jahr der Lebensmittelinspektor vor der Tür steht, um die Schulungsnachweise zu kontrollieren.
Zufrieden ist man seitens der WKÖ aber noch nicht, denn die „drakonischen Strafhöhen bis 50.000 Euro“, die bei Übertretung drohen, sind „unzumutbar und würden jeden Betrieb in den Ruin treiben.“ So würden die Pläne des Ministeriums vorsehen, denselben Strafrahmen zur Anwendung zu bringen, der bei Verstößen gegen die Kennzeichnungsbestimmungen des EU-Lebensmittelrechts vorgesehen ist – der zudem wegen des Pferdefleischskandals erhöht wurde. Ein Verstoß gegen das Tabakgesetz macht hingegen nur 2000 Euro aus.
Informationspflicht gilt auch im halbprivaten Bereich:
Die Informationspflicht soll weiters auch im halbprivaten Bereich gelten, wenn etwa Vereine auf Kirtagen als Anbieter von Lebensmitteln antreten, oder bei Clubbings. „Wenn uns diese Auflagen schon überborden, dann sollen sie für alle gelten“, fordert die WKO ein „Fair Play“ ein. Vom Gesundheitsministerium wurde daher eine Sicherstellung über die Gleichbehandlung gefordert, denn „wenn das so enorm wichtig ist, ist es in allen Bereichen wichtig“. Niemand würde verstehen, wenn die Bauernwurst nur am Verkaufsstand des Gastwirtes deklariert werden muss. Das EU-Lebensmittelrecht würde das genau so sehen.
Eine praktikablere Lösung, etwa auf der Speisekarte die Möglichkeit anzubieten, auf Wunsch ein Menü auch gluten- bzw. lactosefrei zuzubereiten, sieht die EU-Richtlinie nicht vor. Ebenso ist kein Wirt verpflichtet, solcherlei Speisen anzubieten.
RICHTLINIE 2003/89/EG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES vom 10. November 2003
zur Änderung der Richtlinie 2000/13/EG hinsichtlich der Angabe der in Lebensmitteln enthaltenen Zutaten
http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2003:308:0015:0018:DE:PDF
Ergänzung der Richtlinie:
RICHTLINIE 2006/142/EG DER KOMMISSION vom 22. Dezember 2006
zur Änderung des Anhangs III a der Richtlinie 2000/13/EG des Europäischen Parlaments und des Rates mit dem Verzeichnis der Zutaten, die unter allen Umständen auf der Etikettierung der Lebensmittel anzugeben sind
http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2006:368:0110:0111:DE:PDF
Ausnahme von der Kennzeichenpflicht:
RICHTLINIE 2005/26/EG DER KOMMISSION vom 21. März 2005
zur Erstellung eines Verzeichnisses von Lebensmittelzutaten oder Stoffen, die vorläufig aus Anhang IIIa der Richtlinie 2000/13/EG ausgeschlossen werden
http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=uriserv:OJ.L_.2005.075.01.0033.01.DEU
Deklarationspflichtige Allergene
1. Glutenhaltiges Getreide (d. h. Weizen, Roggen, Gerste, Hafer, Dinkel, Kamut oder Hybridstämme davon) sowie daraus hergestellte Erzeugnisse
2. Krebstiere und Krebstiererzeugnisse
3. Eier und Eierzeugnisse
4. Fisch und Fischerzeugnisse
5. Erdnüsse und Erdnusserzeugnisse
6. Soja und Sojaerzeugnisse
7. Milch und Milcherzeugnisse (einschließlich Laktose)
8. Schalenfrüchte, d. h. Mandel (Amygdalus communis L.), Gemeine Hasel (Corylus avellana), Walnuss (Juglans regia), Kaschunuss (Anacardium occidentale), Pecannuss (Carya illinoiesis (Wangenh.) K. Koch), Paranuss (Bertholletia excelsa), Pistazie (Pistacia vera), Macadamianuss und Queenslandnuss (Macadamia ternifolia) sowie daraus hergestellte Erzeugnisse
9. Sellerie und Sellerieerzeugnisse
10. Senf und Senferzeugnisse
11. Sesamsamen und Sesamsamenerzeugnisse
12. Schwefeldioxid und Sulfite in einer Konzentration von mehr als 10 mg·kg−1 oder 10 mg·l−1, als SO2 angegeben.
Änderung des Anhangs III a der Richtlinie 2000/13/EG, Hinzunahme von zwei weiteren potentiellen Allergenen (RL 2006/142/EG vom 22. Dezember 2006):
1. Lupine (auch Wolfsbohne) und Lupineerzeugnisse
2. Weichtiere (Mollusken) und Weichtiererzeugnisse, wie z. B. Schnecken, Muscheln oder Austern
Das gastronomisches Personal sollte daher in den nächsten Monate entsprechend geschult werden.