„Einkaufen dient nicht mehr dem Erwerb dringend benötigten Waren, nicht mehr dem Preis-, Qualitäts- und Stilvergleich alleine, sondern ist zu einer Freizeitbeschäftigung geworden, die stetig neuen Ansprüchen genügen muss“. (1)
- 1. Einführung:
Mehr als 200 österreichische Einkaufszentren locken rund 500 Millionen Besucher in die mehr als 7.500 Geschäfte und setzen damit rund 11 Mrd EUR um, beschäftigen 70.000 Menschen, machen einen durchschnittlichen m2-Umsatz von 4.000 EUR und halten mehr als 160.000 Parkplätze vor.[2]
Die Zahl an Besuchern wächst alle 10 Jahre um mehr als 60 % – noch!
Wie können die Kunden auch künftig angesprochen werden?
Jeder, der sich mit der Planung, der Errichtung, dem Betrieb und natürlich auch dem Rückbau von Einkaufszentren befasst, weiß, dass man EKZ unterschiedlich klassifizieren kann: „klassische“ EKZ[3], Entertainment Center[4], Factory Outlet Center (FOC)[5], Power Center[6], Themen-Center, ….
Unter einem Themen-Center verstehen wir Einzelhandels- und Dienstleistungsbetriebe, die entweder spezielle Warengruppen (z. B. Möbel[7]) oder Güter und Dienstleistungen zu einem spezifischen Thema anbieten.
Die Magnetwirkung geht eben von der Spezialisierung auf ein Thema aus.
In einem Entertainment Center tritt der Einzelhandel in den Hintergrund. Diese Center sind auf Unterhaltung, Freizeit und Erlebnis in Kombination mit Handelsangeboten, die hier als Frequenznutzer auftreten, ausgerichtet.
Typische Kombinantionen sind Multiplexkino, Musical – Theater, Diskothek oder Theater in Kombination mit Fast Food und Erlebnis- und Themengastronomie und thematisiertem Handel.
Zusätzliche Angebote können Bowling, Fitness, Spielhalle, Casino oder auch Galerien und Museen sein. Das Entertainment Center kann als Einzelstandort bestehen, ist aber meist an ein Shopping Center angegliedert oder in ein Center baulich integriert, wobei dann im Center eine „Entertainment Zone“ vorhanden ist.
Die größten Einkaufszentren Österreichs:[8]
Objekt |
Fläche in m² |
Shops |
SCS Mall und Multiplex[9] |
176.000 |
330 |
Donauzentrum und Donauplex |
130.000 |
260 |
Shoppingcity Seiersberg |
85.000 |
200 |
PlusCity (Pasching) |
83.000 |
200 |
Center West (Graz) |
72.000 |
60 |
Haid Center (Linz) |
68.000 |
80 |
dez (Innsbruck) |
58.000 |
120 |
Europark (Salzburg) |
50.000 |
130 |
Millenium City (Wien)[10] |
50.000 |
50 |
Cyta (Innsbruck) |
50.000 |
100 |
Das größte Einkaufszentrum der Welt ist die „South China Mall“ mit 600.153 m2 Verkaufsfläche und damit etwa so groß wie die ersten sechs österreichichen Einkaufszentren zusammen.
- 2. Faszination Einkaufszentrum:
Einkaufszentren, präsentieren den mit kostenintensiven Farbprospekten, ja dicken Katalogen angelockten Kunden ein vielfältiges Waren- und Dienstleistungsangebot.
Immer aber auch sind es die gleichen Einzelhandelsketten, die auf riesigen Verkaufsflächen[11], mit professioneller Werbung, bunten Dekorationen und allgegenwärtig berieselnder Hintergrundmusik den Kunden ansprechen und damit immer öfter nicht nur das Bild der Städte prägen sondern auch das Einkaufsverhalten ganzer Generationen.
Zunehmend spielt sich in den Einkaufszentren das gesellschaftliche Leben ab. Die EKZ´s bedrängen die Kaufleute der Innenstädte, verdrängen zunehmend die über Generationen gewachsenen Geschäfte und ganze Einkaufsstraßen als Orte städtischer Öffentlichkeit und Begegnung.
In Einkaufszentren gibt es keine Probleme mit sommerlicher Hitze, Regen oder der Schneeräumung, ist der moderne Marktplatz doch überdacht, klimatisiert und frei von natürlichen, äußeren Einflüssen.
Einkaufszentren bilden dabei immer größere und maßgebliche, quasi privatisierte, öffentliche Räume, in welchen allerdings unternehmerische Formalziele wie Umsatz und Gewinn gesetzt werden.
Um diese Ziele zu erreichen, müssen die Kunden durch gezielte Werbung, große Waren- und Dienstleistungsangebote, Entertainment, Mitternachts- und Sonntagseinkaufsmöglichkeiten, mittels ausgedehnten Essens- und Erlebnisangeboten angelockt werden.
Einkaufszentren üben nicht nur großen Einfluss auf die Entwicklung einer Stadt und ihrer Gesellschaft aus, sie sind selbst Getriebene einer stetig wachsenden Wohlstandsgesellschaft mit permanentem Wunsch nach Innovation und Unterhaltung.
Das Management der Einkaufszentren muss immer an der Anziehungskraft, der Magnetwirkung des Einkaufserlebnisses arbeiten und so muss man sich permanent die Frage stellen, wie diese Erlebnisqualität erreichen und bewahren.
Einkaufszentren stehen nicht nur im Wettstreit mit anderen Einkaufszentren, mit den Einkaufsstädten[12] sondern vor allem auch mit dem Freizeitangebot einer Skiregion, eines Badesees oder eines Wellnesshotels.
- 3. Einkaufen als Freizeitbeschäftigung:
Die ersten Einkaufszentren kopierten die Einkaufspassagen des 19. Jahrhundert und mutierten schnell zu Stätten des Erlebens.
Die Faszination des Kaufhauses alter Prägung lag in der Vielfalt von Waren und Dienstleistungen unter einem Dach und wird beim Einkaufszentrum das Konsumieren an sich zum über längere Zeit gelebten Freizeiterlebnis.[13]
Die Architektur eines Einkaufszentrums als räumliche Konzeption und Gestaltung verbindet bummeln, sehen, kaufen, vergnügen, erholen, essen und trinken in einer in sich geschlossenen, künstlichen Erlebniswelt.
Die Gestaltung knüpft dabei meistens an frühere oder heute noch funktionierende Situationen überschaubarer, geschlossener und intakter lebensweltlicher Zusammenhänge an, wie z.B. das Dorf, mediterrane Märkte oder orientalische Basars.
Einkaufen ist ein Ereignis, das die Erlebnisorientierung der Gesellschaft per se verkörpert – diese ist Mittel zum Zweck, da man sich heutzutage Erlebnisse kaufen kann, und sie ist ein Zweck an sich, da das Einkaufen selbst zum Erlebnis wird.
Shopping ist eine ziellose, unterhaltsame Tätigkeit, die nicht im Erwerb der bestimmten dringend benötigten Waren besteht, sondern mehr in Preis-, Qualität- und Stilvergleich, ebenso wie in zwischenmenschlichen Kontakten.
Einkaufen ist zu einer Freizeitbeschäftigung geworden. Es bedeutet immer mehr Lebenslust und Verhinderung von Langeweile. Einkaufszentren, Malls und Passagen werden nicht nur Stätten des Erlebniskonsums, sondern auch Fluchtburgen für Menschen, die der Langeweile und Vereinsamung entfliehen wollen.
Unsere Gesellschaft scheint zum Kaufen geboren zu sein („born to shop“). In den Zeiten, wo eine Transformation des Einkaufsverhaltens in das Freizeitverhalten erfolgt, wo Shopping zur Unterhaltung wird, wächst das Einkaufszentrum zum „realen postmodernen Ort des glücklichen Bewusstseins“[14]
Im modern
en Einkaufszentrum gibt es alles, was das Herz begehrt, hier gehen alle Wünsche in Erfüllung. Beim Betreten eines Warenhauses wird man nicht nur von dem reichen Angebot der Güter überwältigt, sondern auch von der meistens prächtigen Innenarchitektur und der phantasievollen Gestaltung der Anlage.
Die Warenhäuser wie beispielweise Printemps in Paris, Harrods in London, Magna Plazza in Amsterdam, oder Einkaufszentren wie Galleria Vittorio Emmanuele II in Mailand, Quartier 206 in Berlin oder Horton Plaza in San Diego sind selbst geradezu Meisterwerke und manchmal auch Kuriositäten der Architektur.
Der Besuch dieser Orte ist selbst, wenn man nichts kauft, ein Erlebnis. Diese Einkaufsoasen lösen sich häufig von ihrem Angebot und dadurch von ihrer ursprünglichen Funktion auf und werden zu unabhängigen „Sehenswürdigkeiten“, zu einer Art moderner „Kathedralen“ oder auch zu Schauplätzen, wo verschiedene Shows und Themenveranstaltungen angeboten werden.
Das typische Einkaufszentrum wächst in Größe und Anzahl zusätzlicher Angebote wie Gastronomie, Dienstleistungen, Kinos und Live-Events.
- 4. Das Thema „Wasser“:
Studien zeigen immer wieder, dass mit Wasser gefüllte Brunnen die Menschen deutlich länger zum Verweilen einladen als leere, Jugendliche treffen sich an Stadtbrunnen und wir selbst sitzen gerne an Ufern von Seen oder Flüssen.
Erfolgreiche Mega-Malls entwickeln sich daher nicht nur zu „Lifestyle Centern“ mit einer Mischnutzung verschiedener Gewerbe und „touristischen“ Attraktionen sondern nutzen dafür ganz intensive die Faszination des Wassers.
Die „Dubai Mall“ beherbergt beispielsweise auf einer Fläche von 350.244 Quadratmetern eine Eislaufbahn und ein Aquarium.
Die „1 Utama Mall“ in Malaysia lockt mit einem Indoor-Regenwald mit Koi-Becken und dem größte Dachgarten Südostasiens.
Das Highlight der „Central World“ in Thailand bildet ein eigener Indoor-Salzwassersee, in dem Seelöwen schwimmen.
Die Mall of America (MoA), mit jährlich mehr als 42 Millionen Besuchern das meistbesuchte Einkaufszentrum der Welt und lädt die Besucher in einen Vergnügungspark mit Achter- und Wildwasserbahnen und ein Aquarium (Underwater World) ein.
Es wird nicht mehr lange dauern (können) und das erste österreichsiche Einkaufszentren überrascht die Kunden mit einem begehbaren Auquarium oder noch besser einem Haifischbecken um der aufgezeigten Entwicklung Rechnung zu tragen.
Stieger, Martin, 2013: „Alle Einkaufszentren benötigen ein Entertainment-Thema“ in GOSPODINOV Slaveyko, KREMSMAIR Erich, STIEGER Martin (Hg): Bauwirtschaft und Immobilienmanagement im Trend der Zeit, Bau- Symposium 2013 (Tagungsband), Linz 2013, S 333 – 339
http://www.trauner.at/buchdetail.aspx?artnr=20195021&unterkat=162
[1] Dr. Martin Stieger, Immobilienkaufmann
[2] die genauen Daten können natürlich erworben werden: http://www.standort-markt.at/
[3] z.B. die Shopping City Süd, das älteste und größte Einkaufszentrum Österreichs, liegt im Süden von Wien und direkt am wichtigsten Verkehrsknotenpunkt Mitteleuropas. Mit einer Verkaufsfläche von 192.500 m2, 4.500 Mitarbeitern und 22,3 Millionen Besuchern pro Jahr zählt die SCS heute zu den größten Shoppingcentern Europas.
[4] z.B. Wiener Gasometer
[5] z.B. Designer Outlet Parnorf im Burgenland
[6] 1986 wurde das erste in Kalifornien eröffnet
[7] so werden z.B. 130 Mio. EUR bis zum Herbst 2014 in die fast vollständige Erneuerung des Einkaufszentrums Altwarmbüchen (Niedersachsen) – künftig A2 Center investiert. Über 40 Jahre nach der Eröffnung des Real-Marktes wird das künftige A2 Center, eines der ältesten Einkaufszentren Deutschlands, von Möbelmarktkönig Kurt Krieger runderneuert. Das Einkaufszentrum entsteht mit 25.300 qm Verkaufsfläche, und Möbel Höffner mit 37.400 qm. In Österreich wurden 2012 rund 4,4 Mrd EUR auf 2,7 Mio. m2 Möbelfläche umgesetzt.
[8] http://www.immonet.at/de/die-groessten-einkaufszentren.htm
[9] vergleichbar der gesamten Inneren Mariahilferstraße in Wien (178.000 m2 Verkaufsfläche)
[10] etwa vergleichbar mit der Kärntner Straße / Rotenturmstraße in Wien (49.000 m2 Verkaufsfläche)
[11] vergleichbar mit ganzen Innenstädten
[12] „Fahr nicht fort, kauf im Ort!“
[13] ein sehr spannender blog dazu aus dem ich großzügig entnehme: http://perspektive89.com/2006/11/17/einkaufen_als_erlebnis
[14] hier zitiert die Autorin A. Kroker A. & D.Cook, The postmodern scene, New York 1989, S. 208
Sehr interessant. Zur Ergänzung….auch Licht spielt Musik 🙂