Der Hauptverband der allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen Österreichs nimmt als Dachverband nach seinen Statuten die Interessen der für die Gerichte tätigen Sachverständigen österreichweit wahr und erstellte einen Leitfaden für Eintragungswerber zur Aufnahme in die Liste der allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen Österreichs.
Der gerichtliche Sachverständige ist Helfer des Gerichts und stellt diesem sein Fachwissen zur Verfügung.
Im Interesse der Qualität der Rechtspflege muss daher hervorragende Sachkunde, aber auch Objektivität, Unabhängigkeit und Verlässlichkeit verlangt werden.
Die Fähigkeit, sich korrekt auszudrücken, die einwandfreie Beherrschung der deutschen Sprache und der Rechtschreibung sowie die Fähigkeit, auch fachlich schwierige Sachverhalte verständlich darzulegen, sind weitere unabdingbare Voraussetzungen.
Das Vorliegen und der Weiterbestand dieser Voraussetzungen wird in einem Qualitätssicherungsverfahren (Zertifizierung) geprüft, das die Präsidenten der Gerichtshöfe erster Instanz (das sind die Landesgerichte) als Zertifizierungsstellen durchführen und dessen Ziel die Eintragung in die von ihnen geführte Sachverständigenliste ist.
Nach § 2 des Bundesgesetzes über die allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen und Dolmetscher (SDG), BGBl 1975/137 idgF sind für eine Eintragung in die Sachverständigenliste folgende Voraussetzungen erforderlich:
- Sachkunde und Kenntnisse
- über die wichtigsten Vorschriften des Verfahrensrechts,
- über das Sachverständigenwesen,
- über die Befundaufnahme sowie
- über den Aufbau eines schlüssigen und nachvollziehbaren Gutachtens;
die Prüfung der Sachkunde entfällt bei Inhabern einer entsprechenden Lehrbefugnis an einer Hochschule oder bei Angehörigen eines Berufes, zu dem nach der Berufsordnung auch die Erstattung von Gutachten gehört, z.B. bei Ärzten, Wirtschaftstreuhändern, Psychologen, Ziviltechnikern und Gesundheits- und Kankenpflegern.
Österreichweit einheitliche Prüfungsstandards zur Sachkunde sind im Aufbau bzw. teilweise bereits vorhanden.
- zehnjährige, möglichst berufliche Tätigkeit in verantwortlicher Stellung auf dem bestimmten oder einem verwandten Fachgebiet unmittelbar vor der Eintragung
- eine fünfjährige Tätigkeit solcher Art genügt, wenn der Bewerber als Berufsvorbildung ein entsprechendes Hochschulstudium (im medizinischen Bereich sind 5 Jahre Facharzt Voraussetzung, 5 Jahre nach Steuerberater- oder Ziviltechnikerprüfung) oder ein Studium an einer berufsbildenden höheren Schule erfolgreich abgeschlossen hat.
- volle Geschäftsfähigkeit
- körperliche und geistige Eignung
- Vertrauenswürdigkeit
- österreichische Staatsbürgerschaft oder die Staatsangehörigkeit einer Vertragspartei des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum
- gewöhnlicher Aufenthalt oder Ort der beruflichen Tätigkeit im Sprengel des Gerichtshofes I. Instanz, bei dessen Präsidenten der Bewerber die Eintragung beantragt
- geordnete wirtschaftliche Verhältnisse
- ausreichende Ausstattung mit der für eine Gutachtenserstattung im betreffenden Fachgebiet erforderlichen Ausrüstung
- Abschluss einer Haftpflichtversicherung vor der Vereidigung
Empfehlenswert ist zuerst die Antragstellung an das Präsidium des Landesgerichtes (Linz, Salzburg, Ried, Steyr oder Wels) in dessen Sprengel der Wohn- oder Berufssitz gelegen ist.
Das ANTRAGSFORMULAR können Sie hier herunterladen und ausdrucken.
Dem Ansuchen sind folgende Beilagen in 3-facher Kopie anzuschließen:
Lebenslauf, Abschlusszeugnisse, Berufsnachweis, Nachweis über 5- bzw. 10jährige verantwortliche Tätigkeit (Dienstgeberbescheinigung), Geburtsurkunde, Staatsbürgerschaftsnachweis, Meldezettel.
Das Original des Ansuchens ist mit EUR 63,– zu vergebühren (Erlagschein wird vom Landesgericht zugesandt).
Im Zuge des Eintragungsverfahrens holt der/die eintragende Präsident/in unter anderem
- zur Prüfung der Sachkunde,
- der Kenntnisse der Verfahrensvorschriften und
- der Berufsvorbildung
ein Gutachten einer Kommission ein, der ein Richter und zwei Fachleute, die von der Kammer oder gesetzlichen Interessensvertretung, zu der das betreffende Fachgebiet gehört und vom Hauptverband der allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen Österreichs namhaft gemacht wurden, angehören.
Die Kommission hat den Bewerber mündlich, allenfalls auch schriftlich zu prüfen.
Für die Prüfung ist nach der VO des BMJ (BGBl II 2007/397) eine Prüfungsgebühr von EUR 400,– an den zuständigen Gerichtshof zu entrichten.
Bei Heranziehung von mehr als drei Prüfern erhöht sich diese Gebühr um EUR 100,– je zusätzlichem Prüfer.
Die Höhe der Prüfungsgebühr wird Ihnen bei der Ladung zur Prüfung bekannt gegeben.
Für die vor Eintragung in die Liste nachzuweisende Haftpflichtversicherung hat der Hauptverband einen Rahmenvertrag abgeschlossen, auf dessen Grundlage Versicherungsschutz im Rahmen von Einzelverträgen und (für geringfügig beauftragte Sachverständige) von Kollektivverträgen (Gruppenhaftpflichtvertrag) gewährt wird.
Auskünfte zur Versicherung erhalten Sie beim jeweiligen Landesverband.
Es bleibt Ihnen aber selbstverständlich unbenommen, selbst für die erforderliche Versicherungsdeckung zu sorgen.
Führung des Rundsiegels:
Sachverständige haben ein Rundsiegel mit ihrem Namen und der Bezeichnung „Allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger“ zu führen (§ 8 Abs. 5 Sachverständigen- und Dolmetschergesetz – SDG).
Es dient der klaren Kennzeichnung von Gerichts- und Privatgutachten.
Bei elektronischen Gutachten ist die Verwendung eines geeigneten Zertifikats (§ 2 Z 8 Signaturgesetz – SigG) ausreichend.