Erzählt man einem Kind das Märchen von Rotkäppchen[1] so:
“Im Wald lässt sich Rotkäppchen auf ein Gespräch mit einem Wolf ein, obwohl es von seiner Mutter zuvor eindringlich davor gewarnt worden ist. Der Wolf horcht Rotkäppchen aus und überredet es, noch einen Blumenstrauß zu pflücken, was Rotkäppchen trotz der Warnung der Mutter tut. Ehe sich der Wolf jedoch verabschieden kann um zur Großmutter zu eilen, zieht Rotkäppchen einen Revolver aus dem Korb mit Leckereien und erlegt ihn”
wird es sogleich sagen „Du lügst“.
Natürlich ist uns allen bewusst, dass es sich um ein Märchen handelt, also die ganze Geschichte eben eine Geschichte ist und nicht mehr – aber so wie sie erzählt wurde, stimmt sie nicht. Es handelt sich also um eine Lüge im Konstrukt, welches als Ganzes nicht wirklich wahr ist – aber doch insoweit akzeptiert ist, als eine Änderung der Geschichte als Lüge anzusehen ist.
“Eine Geschichte wird nur dann zum Märchen, wenn sie so vielen Menschen aus der Seele spricht, dass diese die Geschichte und ihre Botschaft, ihre „Mär“ – so das mittelhochdeutsche Wort –, nicht vergessen wollen. Märchen sind also keine Lügenschichten für Leichtgläubige, sondern eine zauberhafte Poesie gegen die Trostlosigkeit eines Daseins ohne Wunder. Das berühmteste Märchenbuch der Welt, das der Brüder Grimm, beginnt mit dem Satz: „In den alten Zeiten, wo das Wünschen noch geholfen hat …“[2]
Auch unser Märchen beginnt gut:
2012 jährt sich zum fünfzigsten Mal das Inkrafttreten der Gemeindeverfassungs-novelle 1962[3] wird daher gebührend gefeiert und wie – richtig für ein Märchen – die Gemeindeautonomie wieder ausführlich beschworen und als Grundpfeiler der Verfassung bezeichnet werden.
Grund genug, uns mit der Historie zu beschäftigen.
Die unendliche Geschichte der österreichischen Gemeindeautonomie:
Die Entwicklung[4] der gemeindlichen Selbstverwaltung in Österreich geht auf die Bürgerliche Revolution im Jahr 1848 zurück, welche zur so genannten „Oktroyierten Märzverfassung“[5] vom 4. März 1849, RGBl. Nr. 150, führte.
In dieser wurde den Gemeinden insbesondere die Wahl ihrer Vertreter, die Aufnahme neuer Mitglieder in den Gemeindeverband sowie die selbständige Verwaltung ihrer Angelegenheiten verfassungsrechtlich garantiert.
Auf dieser Verfassung basierend erging am 17. 3. 1849 das Provisorische Gemeindegesetz RGBl. Nr. 170/1850, in welchem der Tätigkeitsbereich der Gemeindeangelegenheiten in einen natürlichen[6] und einen übertragenen Wirkungsbereich unterteilt wurde.
Der natürliche Wirkungsbereich umfasste alles, was das Interesse der Gemeinde berührte und innerhalb ihrer Grenzen vollständig durchführbar war.[7]
Heute sehen wir die Gemeindeaufgaben im eigenen Wirkungsbereich als die in der österreichischen Bundesverfassung (Art 15 Abs. 2 B-VG) geregelten. Elf solcher Aufgaben sind taxativ festgelegt. Es handelt sich um:
- Bestellung der Gemeindeorgane, Regelung der inneren Organisation der Gemeindeverwaltung
- Bestellung der Gemeindebediensteten und Ausübung der Diensthoheit
- Örtliche Sicherheitspolizei, örtliche Veranstaltungspolizei
- Verwaltung der Verkehrsflächen, örtliche Straßenpolizei
- Flurschutzpolizei
- Örtliche Marktpolizei
- Örtliche Gesundheitspolizei einschließlich des Hilfs- und Rettungswesens sowie des Leichen- und Bestattungswesens
- Sittlichkeitspolizei
- Örtliche Baupolizei, Feuerpolizei, Raumplanung
- Öffentliche Einrichtung zur außergerichtlichen Vermittlung von Streitigkeiten
- Freiwillige Feilbietung beweglicher Sachen
Nachdem durch das so genannte Silvesterpatent vom 31. 12. 1851, RGBl. Nr. 2/1852, die Oktroyierte Märzverfassung und in weiterer Folge das Gemeindegesetz 1849 für unwirksam erklärt wurde, bekam schließlich im Jahre 1862 die Gemeinde-Selbstverwaltung mit dem Reichsgemeindegesetz vom 5. März 1862, RGBl. Nr. 18, jene Grundlage, die im Wesentlichen bis zur Gemeindeverfassungs-Novelle 1962 – somit 100 Jahre – in Geltung stand und auf welcher im Prinzip auch die Gemeindeverfassungs-Novelle 1962 aufbaute.
Wie bereits im Jahre 1850 wurde der Tätigkeitsbereich der Gemeinde wieder zweigeteilt, und zwar in einen so genannten selbständigen und in einen übertragenen Wirkungsbereich.
Gemäß Art. V konnte die Gemeinde im selbständigen Wirkungsbereich innerhalb der bestehenden Reichs- und Landesgesetze nach freier Selbstbestimmung anordnen und verfügen.
Der selbständige Wirkungsbereich umfasste jene Lebensbereiche, die das Interesse der Gemeinde zunächst berührten und innerhalb ihrer Grenzen durch ihre eigenen Kräfte besorgt und durchgeführt werden konnten.
Im übertragenen Wirkungsbereich wurden die Gemeinden verpflichtet, an der öffentlichen Verwaltung nach den Bestimmungen der Reichs- und Landesgesetze mitzuwirken.
Die Gemeindemitglieder waren berechtigt, ihre Vertretungsorgane, einen so genannten Gemeindeausschuss und den Gemeindevorstand, in freier Wahl periodisch zu bestellen.[8]
Darüber hinaus enthält dieses Gesetz die Ermächtigung an die Gemeinden, die durch die Einnahmen aus dem Gemeindeeigentum nicht gedeckten Ausgaben durch Zuschläge zu den direkten Steuern oder Verzehrsteuern sowie durch Erhebung anderer Umlagen und Abgaben abzusichern.
Bedeutsam war auch die Regelung, dass Landeshauptstädten und anderen bedeutsamen Städten und Kurorten durch Landesgesetz ein eigenes Statut verliehen werden konnte.
Nach Gründung der Republik Deutsch-Österreich wurde zunächst durch § 16 StGBl. Nr. 1/1918 das Reichsgemeindegesetz 1862 in die neue Rechtsordnung rezipiert.
Im Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1920, wurde zwar die Stellung der Gemeinden in ihren Grundzügen im IV. Hauptstück (betreffend Gesetzgebung und Vollziehung der Länder) in den Art. 115 bis 120 einer Regelung zugeführt[9], allerdings traten diese Normen nie in Wirksamkeit[10], weil gemäß der Anordnung in Art. 120 die Bestimmungen der Art. 115 bis 119 erst nach Erlassung eines Bundes-Verfassungsgesetzes über die Organisation der allgemeinen staatlichen Verwaltung in den Ländern in Wirksamkeit treten sollten.
Nachdem auch anlässlich der Beschlussfassung die Bundes-Verfassungsnovelle 1925 keine politische Einigung über diesen Rechtsbereich erreicht werden konnte, rezipierte der Bundes-Verfassungsgesetzgeber in § 8 Abs. 5 lit. f des Verfassungs-Übergangsgesetzes 1920 idF BGBl. Nr. 269/1925 die wesentlichen Grundzüge[11] des Reichsgemeindegesetzes 1862 in die Österreichische Verfassungsordnung und bestimmte, dass hinsichtlich dieser übernommenen Regelungen von den Ländern bis zur verfassungsgesetzlichen Regelung der Organisation der allgemeinen staatlichen Verwaltung in den Ländern keine Änderung vorgenommen werden durfte.
Nach verschiedenen Abänderungen im Zuge der Einführung des Ständestaates im Jahre 1934[12], der Eingliederung Österreichs in das Deutsche Reich und der damit verbundenen Einführung der Deutschen Gemeindeordnung[13] wurde nach Gründung der Zweiten Republik durch das Vorläufige Gemeindegesetz 1945, StGBl. Nr. 66/1945, das frühere Gemeinderecht mit dem Stand vor dem 1. Oktober 1938 wieder eingeführt, allerdings mit Ausnahme jener Rechtsvorschriften, die zur Anpassung an die Mai-Verfassung 1934 ergangen waren.
Das bedeutet, dass nur jene Bestimmungen des alten Gemeinderechtes in die Zweite Republik rezipiert wurden, die de
n Bestimmungen der Bundes-Verfassung in der Novelle 1929 nicht widersprachen.
Die leidvolle Entstehung der Gemeinde-Verfassungsnovelle 1962:
Diese Art der Rezeption führte zu jener Zersplitterung und Unübersichtlichkeit des Gemeinderechtes, die die Gemeindeinteressenverbände schließlich dazu veranlasste, eine Vereinheitlichung des Gemeinderechtes anzustreben und so wurde am 10. Österreichischen Städtetag im Dezember 1954 eine Resolution mit der Feststellung verabschiedet, “dass die derzeit in Geltung stehenden Bestimmungen des Bundes-Verfassungsrechtes über die Gemeinden dem Gedanken der kommunalen Selbstverwaltung nur in unzulänglicher Weise gerecht werden, dass aber die längst fällige verfassungsrechtliche Neuregelung auf dem Gebiet des Verfassungsrechtes noch immer auf sich warten lässt, ja dass noch nicht einmal mit den Vorarbeiten zu dieser so notwendigen Verfassungsreform begonnen worden ist.”[14]
Nach dreijähriger Arbeit wurde im November 1958 am 14. Städtetag ein von einer eigenes eingesetzten Studienkommission ausgearbeiteter Entwurf einer Gemeinde-Verfassungsnovelle vorgelegt.
Dieser Entwurf wurde mit dem Gemeindebund und einem Ausschuss der Landesamtsdirektoren-Konferenz verhandelt und gelang es tatsächlich, einen gemeinsamen Entwurf beider Interessenverbände zu erstellen, welcher am 21. Dezember 1960 vom Obmann des Österreichischen Städtebundes[15], und vom Präsidenten des Österreichischen Gemeindebundes,[16] der Österreichischen Bundesregierung[17] mit der Bitte überreicht wurde, den vorgelegten Entwurf in ihr Gesetzgebungsprogramm aufzunehmen und dafür zu sorgen, dass das Österreichische Gemeinderecht in naher Zukunft eine den Zeiterfordernissen Rechnung tragende Grundlage erhält.
Obgleich, die Bundesländer bereits zum Entwurf der Studienkommission eine Stellungnahme abgegeben hatten, wurde durch das Bundeskanzleramt im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Inneres[18] – wie immer großkoalitionär – der von den beiden Interessenverbänden gemeinsam getragenen Entwurf nochmals den Ländern mit dem Ersuchen übermittelt, eine Zusammenfassung ihrer Auffassungen zu diesem Entwurf bekannt zu geben.[19]
Wenig verwunderlich: die Bundesländer sahen in diesem Entwurf in den wesentlichen Punkten gravierende Beeinträchtigungen von Landesinteressen und übermittelten ihrerseits dem Bundeskanzleramt einen Gegenentwurf.
Auf Basis dieser Unterlagen erstellte das Bundeskanzleramt im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Inneres einen Kompromissentwurf, der am 28. November 1961 einem offiziellen Begutachtungsverfahren unterzogen wurde.
Die beiden Gemeindeinteressenverbände legten zu diesem Entwurf am 31. Jänner 1962 wiederum eine gemeinsam erarbeitete Stellungnahme vor, in der der Entwurf im Grundsätzlichen gutgeheißen, jedoch mehrere Abänderungsvorschläge vorgebracht wurden.
Besonderer Nachdruck wurde auf die Verankerung der wirtschaftlichen Freiheit der Gemeinde, die Gestaltung des eigenen Wirkungsbereiches sowie die Abgrenzung des staatlichen Aufsichtsrechtes gelegt.[20]
Als Beispiele der wesentlichen Kernpunkte der Auseinandersetzung zwischen Gemeindeinteressenverbänden und den Ländern sei in materieller Hinsicht auf
– die Umschreibung des eigenen Wirkungsbereiches,
– das selbständige Verordnungsrecht der Gemeinden,
– die Gestaltung der Aufsichtsrechte (insbesondere die Gestaltung eines Rechtsmittels zur Überprüfung von individuellen behördlichen Entscheidungen der Gemeinden),
– die Frage des Rechtsanspruches auf Verleihung eines Stadtrechtes für Gemeinden mit mindestens 20.000 Einwohnern,
– die begehrte Organstellung des Gemeindeamtes verwiesen.
Darüber hinaus bestanden auch Differenzen bezüglich der systematischen Einordnung des Gemeinde-Verfassungsrechtes in die Verfassungsurkunde.[21]
Die Länder sprachen sich gegen die Herausnahme des Gemeinderechtes aus dem vierten Hauptstück des Bundes-Verfassungsgesetzes und dessen Verankerung in einem neuen Hauptstück aus.
Darüber hinaus äußerten die Länder auch in formaler Sicht Bedenken gegen die im Entwurf vorgesehene Gleichbezeichnung der Organe der Gemeinden bzw. Städte mit eigenem Statut in den verschiedenen Bundesländern.
Auf Basis dieser Stellungnahme wurde von der Bundesregierung am 23. Mai 1962 die Regierungsvorlage der Gemeindeverfassungs-Novelle 1962 beschlossen[22] und dem Parlament übermittelt.
Bei der darauf folgenden parlamentarischen Diskussion wurde bemerkenswerter-weise – bei der Behandlung von Regierungsvorlagen an sich unüblich – mit einer ersten Lesung begonnen.
Eine echte Gemeindeautonomie war Bundes- und Landespolitikern aller Colours von je her nie wirklich ein Anliegen.
Die 1962 gewählte Vorgangsweise veranlasste richtigerweise auch sogleich den FPÖ-Abgeordneten Dr. van Tongel[23] zur Bemerkung, dass es sich um eine Vorlage „ohne Bindung“ handle und es dem Nationalrat dieses eine Mal erlaubt ist, „von seinem souveränen Gesetzgebungsrecht Gebrauch zu machen und durch seinen Beschluss an dem Entwurf auch Änderungen vorzunehmen“.
Die Regierungsvorlage wurde – an sich üblich, wenn sie wenig Freude macht – dem Verfassungsausschuss zugewiesen, der zur weiteren Beratung – auch bewährte österreichische Politik – einen Unterausschuss einsetzte.
Am 10. Juli 1962 stimmte der Verfassungsausschuss der Regierungsvorlage schlussendlich – natürlich mit Abänderungen – zu.
Eine solche (auf Antrag der SPÖ-Fraktion) war z.B. die Regelung des Art. 117 Abs. 5 B-VG, wonach die im Gemeinderat vertretenen Wahlparteien nach Maßgabe ihrer Stärke Anspruch auf Vertretung im Gemeindevorstand haben, was in Folge auch “Oppositionsparteien” in der “Gemeinderegierung” verankerte.
Schließlich wurde, obgleich zunächst lediglich die SPÖ-Fraktion vollinhaltlich hinter der Regierungsvorlage stand, am 10. Juli 1962 dieselbe unter Berücksichtigung der Abänderungsvorschläge des Verfassungsausschusses einhellig zum Beschluss erhoben.
Auch 50 Jahre später noch immer brandaktuell und ungelöst.
Aus der parlamentarischen Debatte sei allerdings auf zwei Diskussionspunkte besonders hingewiesen:
In der ersten Lesung verwies der FPÖ-Abgeordnete Dr. van Tongel auf die vom Vertreter seiner Fraktion am 16. Österreichischen Städtetag 1961 erhobene Forderung nach Änderung des Finanz-Verfassungsgesetzes, wonach Bundesgesetze, die den österreichischen Gemeinden weitere direkte oder indirekte Lasten auferlegen, nur dann rechtswirksam werden sollen, wenn sie gleichzeitig eine Bedeckung der daraus den Gemeinden neu erwachsenden Kosten aus Bundesmitteln vorsehen.[24]
Recht prophetisch wenn wir beispielsweise die den Statutarstädten ohne zusätzliche Abgeltung übertragenen Leistungen in Melde- und Passangelegenheiten betrachten, die zwar den Bürger besser servicieren sollen, aber konkret die Stadtverwaltung Linz mit rund € 2 Mio. an zusätzlichen Personalkosten per anno und mit einem zusätzlichen Flächenbedarf von 700 bis 1.000 m² belasten.
Sowohl von Vertretern der ÖVP als auch der FPÖ wurde insbesondere die Tätigkeit der Gemeinden als Privatrechtssubjekt im Wirtschaftsraum eingehend problematisiert und vor allem die Frage diskutiert, ob sich diese privatwirtschaftliche Betätigung im Rahmen des Subsidiaritätsprinzips, welches auch für die Gemeinden Geltung haben muss, halten werde.
So sei es nicht Aufgabe einer Gemeinde, ein Warenhaus zu betreiben, sondern nur jene wirtschaftliche Unternehmungen zu betreiben, die im überwiegenden Interesse der Gemeindebürger gelegen sind und nicht durch jemanden and
eren besser besorgt werden können.
Während die FPÖ bereits im Ausschuss den Antrag stellte, die vorgeschlagene Regelung im Art. 116 Abs. 2 dahingehend zu ergänzen, dass das Betreiben von wirtschaftlichen Unternehmungen durch die Gemeinde nur dann zulässig ist, „wenn dies im überwiegenden Interesse der Gemeinschaft liegt“, hat die ÖVP letztlich auf Grund des Widerstandes der SPÖ gegen jegliche Einschränkung der wirtschaftlichen Betätigung der Gemeinden der Textierung der Regierungsvorlage zugestimmt, weil sie nicht die Verantwortung dafür übernehmen wollte, „an dieser grundsätzlichen Meinungsverschiedenheit das ganze Gesetzeswerk scheitern zu lassen“[25]
Nachdem der Bundesrat am 17. 7. 1962 beschlossen hatte, gegen den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben, wurde die Gemeindeverfassungs-Novelle am 20. Juli 1962 im 49. Stück als Bundesgesetzblatt Nr. 205/1962 kundgemacht.
Bei der Bewertung der Gemeindeverfassungs-Novelle muss das Ziel dieses Gesetzesvorhabens berücksichtigt werden.
Wie aus den Unterlagen des Städtebundes bzw. den erläuternden Bemerkungen der Regierungsvorlage eindeutig ersichtlich, war von vornherein keine vollständige Neukonzeption des Gemeinderechtes geplant.
Ziel der Bemühungen war es primär, die bestehende Unübersichtlichkeit zu beseitigen und damit eine Vereinheitlichung des Gemeinderechtes herbeizuführen sowie bestehende Lücken zu schließen und die derzeitige bestehende provisorische Regelung dieses Bereiches des staatlichen Lebens durch bleibende Normen zu ersetzen.[26]
Ein wesentlicher Punkt für das Gelingen der Novelle lag sicherlich darin, dass die im Jahre 1920 bei der Erlassung der Bundes-Verfassung hergestellte Junktimierung zwischen der Regelung des Gemeinderechtes für die Ortsgemeinden und derjenigen für die Gebietsgemeinden – und damit letztlich die Problematik der Demokratisierung der Bezirksverwaltungsbehörden – aufgelöst wurde und man die rechtliche Gestaltung des Gemeinderechtes der Ortsgemeinden als Selbstverwaltung völlig von der Einrichtung der Bezirksverwaltungsbehörden entkoppelt hat.[27]
Die Frage nach der Demokratisierung der Bezirksverwaltungsbehörden ist eine ganz eigene Diskussion wert und so darf ich hier auf das 2003 von Herbert Dachs herausgegebene Werk “Der Bund und die Länder – über Dominanz, Kooperation und Konflikte im österreichischen Bundesstaat” verweisen.
Der Art. 120 B-VG hielt also weiterhin fest, dass eine Zusammenfassung von Ortsgemeinden zu Gebietsgemeinden, deren Einrichtung nach dem Muster der Selbstverwaltung sowie die Festsetzung weiterer Grundsätze für die Organisation der allgemeinen staatlichen Verwaltung in den Ländern Sache der Bundesverfassungs-Gesetzgebung ist.
Welche Stellung und Aufgaben haben aber seit 1962 nun die Gemeinden im Staatsgefüge wirklich?
Die Stellung der Gemeinden im Staatsgefüge und deren Aufgaben:
Gemäß Art. 116 Abs. 1 zweiter Satz sind die Ortsgemeinden Gebietskörperschaften mit dem Recht auf Selbstverwaltung und zugleich Verwaltungssprengel. Damit wird das Wesen der Ortsgemeinden[28] programmatisch normiert.
Dabei haben die Gemeinden einen eigenen Wirkungsbereich, den der Privatwirtschaftsverwaltung.
Die Novelle enthält eine erste Konkretisierung des Kerns der gemeindlichen Selbstverwaltung durch die Feststellung, dass die Gemeinde ein selbständiger Wirtschaftskörper ist und das Recht hat, innerhalb der Schranken der „allgemeinen“ Bundes- und Landesgesetze Vermögen aller Art zu besitzen, zu erwerben und darüber zu verfügen, wirtschaftliche Unternehmungen zu betreiben sowie im Rahmen der Finanzverfassung ihren Haushalt selbständig zu führen und Abgaben auszuschreiben.
Damit ist der privatwirtschaftliche Teil der Selbstverwaltung der Gemeinde umschrieben.
Der Umfang, inwieweit Gemeinden privatwirtschaftlich agieren dürfen, war – wie die vorstehenden Ausführungen der Wortmeldungen bei der parlamentarischen Behandlung zeigte – politisch äußerst kontroversiell.
Die ÖVP wollte das Wort „allgemein“ im zweiten Satz des Art. 116 Abs. 2 streichen, um damit den Ländern die Möglichkeit zu geben, den jeweiligen Bedürfnissen angepasste Beschränkungen in der Gemeindeordnung zu statuieren.
Nach einem von der FPÖ gestellten Antrag sollte das Recht zur Führung wirtschaftlicher Unternehmungen nur dann zulässig sein, „wenn dies im überwiegenden Interesse der Gemeinschaft liegt“.
Von den beiden Interessenverbänden (Gemeinde- und Städtebund) wurde in den Vorverhandlungen signalisiert, dass sie keinem die Gemeinde diskriminierenden Sonderwirtschaftsrecht zustimmen könnten.
Abgesehen davon, dass die Gemeinden bei ihrer privatwirtschaftlichen Tätigkeit und damit auch bei der Führung von wirtschaftlichen Unternehmungen gemäß Art. 119a Abs. 2 die allgemeinen für die staatliche Verwaltung geltenden Grundsätze der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit zu beachten haben, ergibt sich lediglich aus der Bestimmung des Art. 119a Abs. 8 eine gewisse Einschränkung der privatwirtschaftlichen Tätigkeit.
Danach ist der Landesgesetzgeber berechtigt, einzelne von der Gemeinde im eigenen Wirkungsbereich zu treffende Maßnahmen, durch die überörtliche Interessen im besonderen Maße berührt werden, insbesondere solche von besonderer finanzieller Bedeutung, an eine aufsichtsbehördliche Genehmigungspflicht zu binden.
Diese Berechtigung wird von den Landesgesetzgebern allerdings weidlich ausgenutzt, auch wenn für die Versagung einer solchen Genehmigung nur ein Tatbestand vorgesehen warden darf, der die Bevorzugung überörtlicher Interessen eindeutig rechtfertigt.[29]
Der zweite Teil der Gemeindeselbstverwaltung besteht in einer qualifizierten Mitwirkungspflicht der Gemeinden an der Vollziehung von Bundes- und Landesgesetzen.
Das Wesen des Vollzuges einer staatlichen Norm im Bereich der Selbstverwaltung liegt darin, dass in diesem Fall die vollziehenden Organe der Gemeinden
– weisungsfrei, d. h. ohne Bindungen an Weisungen von Bundes- und Landesorganen in eigener Verantwortung der Gemeinde[30] und
– unter Ausschluss eines ordentlichen Rechtsmittels an eine staatliche Behörde tätig werden.
Diese beiden Elemente der Selbstverwaltung werden – in Anlehnung an das Reichsgemeindegesetz von 1862 – als eigener Wirkungsbereich der Gemeinde bezeichnet.
Bei der Umschreibung jener behördlichen Angelegenheiten, die von der Gemeinde im eigenen Wirkungsbereich zu vollziehen sind, hat sich die Novelle ebenfalls an die Konstruktion des Reichsgemeindegesetzes 1862 gehalten.
Im Art. 118 Abs. 2 wird der eigene Wirkungsbereich zunächst durch eine Generalklausel umschrieben: er umfasst alle hoheitlichen Angelegenheiten, die im ausschließlichen oder überwiegenden Interesse der in der Gemeinde verkörperten örtlichen Gemeinschaft gelegen und geeignet sind, durch die Gemeinschaft innerhalb ihrer örtlichen Grenzen besorgt zu werden.
In Art. 118 Abs. 3 erfolgt sodann eine demonstrative Aufzählung jener Angelegenheiten, von denen der Verfassungsgesetzgeber davon ausgeht, dass sie jedenfalls den Kriterien dieser generellen Begriffsumschreibung entsprechen.
Im letzten Satz ist allerdings normiert, dass der Gesetzgeber solche Angelegenheiten im jeweiligen Materiengesetz ausdrücklich als solche des eigenen Wirkungsbereiches zu bezeichnen hat.
Im Gegensatz zur Ansicht mancher damaliger zeitgenössischer Autoren zum Gemeinderecht[31], wonach diese Bezeichnungspflicht lediglich deklaratorischer Art sei, vertritt der Verfassungsgerichtshof in ständiger Judikatur die Rechtsansicht[32], dass diese Bezeichnungspflicht nicht deklaratorisc
her Art ist, sondern konstitutiv: nämlich erst durch die Bezeichnung im jeweiligen Materiengesetz wird diese Angelegenheit zu einer solchen des eigenen Wirkungsbereiches.
Wenn diese ausdrückliche Bezeichnung daher fehlt, obwohl die Angelegenheit unter die Generalklausel des Abs. 2 fallen würde, ist das Gesetz nicht im eigenen Wirkungsbereich zu vollziehen, solange diese Bestimmung beim Verfassungsgerichtshof nicht wegen Verfassungswidrigkeit behoben wird.
Hervorzuheben ist zunächst, dass – im Gegensatz zur früheren Judikatur des Verfassungsgerichtshofes[33] – seit der Gemeindeverfassungs-Novelle auch Agenden aus dem Bereich der Bundesvollziehung in den eigenen Wirkungsbereich fallen.
Eine längere Diskussion hat sich bezüglich der Aufnahme der „örtlichen Raumplanung“ in den Katalog des Abs. 3 ergeben, weil von den Ländern wegen der Schwierigkeit der inhaltlichen Abgrenzung zwischen örtlicher und überörtlicher Raumplanung Eingriffe in ihre Rechte als Träger der überörtlichen Raumplanung befürchtet wurden.
Diese Diskussion hat letztendlich dazu geführt, dass das in Art. 119a Abs. 8 vorgesehene Aufsichtsmittel des Genehmigungsvorbehaltes, welches ursprünglich nur auf die privatwirtschaftliche Tätigkeit der Gemeinde ausgerichtet war, auch auf behördliche Entscheidungen, die von einem Organ der Gemeinde im eigenen Wirkungsbereich getroffen werden, erstreckt wurde.
Neben dieser im eigenen Wirkungsbereich erfolgenden Mitwirkung an der staatlichen Verwaltung haben die Gemeinden auch als Verwaltungssprengel in Form des übertragenen Wirkungsbereiches an der Vollziehung von Bundes- und Landesgesetzen mitzuwirken.
Bei der Vollziehung von Bundes- und Landesgesetzen im übertragenen Wirkungsbereich ist das mit dieser Vollziehung beauftragte Organ der Gemeinde, nämlich der Bürgermeister, voll in die staatliche Verwaltungshierarchie integriert; der Bürgermeister unterliegt bei seiner Amtsführung der Weisungsgewalt eines staatlichen Organs, seine Entscheidungen können in der Regel mit einem ordentlichen Rechtsmittel bekämpft werden.
Im Sinne der Kelsen’schen Rechtslehre liegt der wesentliche Unterschied zwischen der Vollziehung eines Gesetzes oder einer Verordnung im eigenen oder übertragenen Wirkungsbereich allein im Grad der größeren oder geringeren Selbständigkeit der zur Entscheidung berufenen Organe.
Bei der Besorgung einer Angelegenheit im eigenen Wirkungsbereich ist diese Selbständigkeit größer, weil kein Weisungszusammenhang zwischen den Trägern der staatlichen Verwaltung und den Organen der Gemeindeverwaltung gegeben ist, während dieser Weisungszusammenhang i. S. des Art. 20 Abs. 1 B-VG bei der Besorgung einer Aufgabe im übertragenen Wirkungsbereich unbeschränkt besteht.
Die Bestimmungen des Art. 116 iVm Art. 118 umschreiben somit den Aufgabenbereich der Gemeinden dadurch, dass sie die Gemeinden zum einen als Privatrechtssubjekt einsetzen und zum anderen verpflichten, an der Vollziehung staatlicher Normen mitzuwirken.
Während die Gemeinden im Rahmen ihrer privatwirtschaftlichen Tätigkeit – genau wie jeder andere Privatrechtsträger – das Recht haben, innerhalb der Schranken der allgemeinen Bundes- und Landesgesetze völlig frei zu agieren und damit in dieser Tätigkeit nur die allgemeinen Gesetze anzuwenden haben, haben die Gemeinden bei ihrer Mitwirkung an der Vollziehung von Bundes- und Landesgesetzen diese, und zwar unabhängig davon, ob der Gesetzesvollzug im eigenen oder übertragenen Wirkungsbereich erfolgt, zu vollziehen.
Beide Interessenverbände vertraten schon vor 1962 die Ansicht, dass ein selbständiges Verordnungsrecht für die Gemeinde als Selbstverwaltungskörper essentiell sei und dieses auch bisher bereits bestanden habe[34].
Dadurch sollte den Gemeinden die Möglichkeit eingeräumt werden, durch einen generellen Verwaltungsakt auf einem gesetzlich nicht geregelten Gebiet, neues allgemeines Recht zu schaffen.
Die Länder verlangten, dass solche Verordnungen vor ihrer Kundmachung der Landesregierung vorzulegen sind und dieser das Recht eingeräumt wird, gegen die Kundmachung Einspruch zu erheben, um damit ein In-Kraft-Treten der Verordnung unterbinden zu können.
Nur dadurch werde sichergestellt, dass durch die Erlassung solcher Verordnungen keine schweren Eingriffe in die Rechte der Gemeindebürger erfolgen könnten.
Im Gesetzestext erstreckt sich das Verordnungsrecht nur auf ortspolizeiliche Verordnungen aus dem Bereich, der dem eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde zugeordnet ist.
Darüber hinaus darf von dieser Ermächtigung nur insoweit Gebrauch gemacht werden, als das zur Abwehr oder zur Beseitigung von das örtliche Gemeinschaftsleben störenden Missständen erforderlich ist. Damit wird auf die lokale Besonderheit Bedacht genommen: Der Missstand muss für die betroffene Gemeinde spezifisch sein. Derartige, das örtliche Gemeinschaftsleben störende Missstände müssen in der Gemeinde entweder im Zeitpunkt der Erlassung bereits vorliegen oder es muss der Eintritt solcher Missstände zu befürchten sein. Außerdem muss die Verordnung ein taugliches Instrument zur Abwehr oder Beseitigung dieser Missstände sein.[35]
Mit der Neuregelung wurde 1962 das bisher bereits bestehende Verordnungsrecht der Gemeinde in doppelter Hinsicht erweitert: Das Recht kommt seit der Gemeindeverfassungs-Novelle allen Gemeinden zu, während es bis dahin nur jene Gemeinden besaßen, für die ein solches Recht schon am 11. Dezember 1929 bestanden hatte.[36]
Zum anderen ergibt sich eine Erweiterung des ortspolizeilichen Verordnungsrechtes durch die Erweiterung des eigenen Wirkungsbereiches: Während bisher dieses Verordnungsrecht nur in jenen Angelegenheiten zulässig war, die in die Vollziehungszuständigkeit der Länder fielen, ergibt sich durch die Erweiterung der Agenden des eigenen Wirkungsbereiches auf die Angelegenheit der Bundesverwaltung, dass das ortspolizeiliche Verordnungsrecht nunmehr auch für jene Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches Anwendung findet, deren grundsätzliche Regelungskompetenz dem Bund zukommt. Entgegen dem Ansinnen der Länder können diese die Erlassung solcher ortspolizeilicher Verordnungen nicht prohibitiv unterbinden.
Nach Art. 119a Abs. 6 B-VG sind die Gemeinden lediglich verpflichtet, erlassene Verordnungen – und damit auch die ortspolizeilichen – der Aufsichtsbehörde unverzüglich mitzuteilen. Findet die Aufsichtsbehörde, dass sich die Verordnung als gesetzwidrig erweist, hat sie eine solche Verordnung ebenfalls in der Rechtssatzform einer Verordnung aufzuheben.
Im Art. 139 Abs. 1 wurde dazu korrespondierend den Gemeinden das Recht eingeräumt, eine solche Aufhebungsverordnung beim Verfassungsgerichtshof auf ihre Gesetzmäßigkeit überprüfen lassen zu können. Findet der Verfassungsgerichtshof, dass die die Aufhebung der ortspolizeilichen Verordnung der Gemeinde verfügende aufsichtsbehördliche Verordnung selbst gesetzwidrig war, ist sie vom Verfassungsgerichtshof aufzuheben.
Das Aufsichtsrecht ist kein Weisungsrecht:
Der Wesensgehalt des eigenen Wirkungsbereiches ist auch davon abhängig, inwieweit dieser einer staatlichen Aufsicht unterliegt.
Von den Interessenverbänden wurde niemals in Zweifel gestellt, dass die staatliche Aufsicht eine begriffsnotwendige Ergänzung der kommunalen Selbstverwaltung darstellt und insbesondere behördliche Entscheidungen der Gemeinde durch eine Instanz außerhalb der Gemeindeverwaltung überprüfbar sein müssen.
Den Gemeindeverbänden war klar, dass die auch im eigenen Wirkungsbereich bestehende Bindung der Gemeinde an die staatlichen Gesetze und Verordnungen nicht effektiv durchsetzbar wäre, wenn der Staat keine Möglichkeit hätte, die Gesetzmäßigkeit gemeinderechtlicher Entscheidungen zu überwachen und notfalls die Einhaltung dieser Gesetze zu erzwingen.
Weil es wesensgemäß nicht möglich ist, die Einhaltung der Gesetze durch die Organe der Gemeinde bei ihrer Tätigkeit im eigenen Wirkungsbereich mittels Weisung zu garantieren, räumt das Bundesverfassungsrecht dem Bund und den Ländern gegenüber den Gemeinden bei Besorgung ihres eigenen Wirkungsbereiches ein Aufsichtsrecht ein.
Vom Weisungsrecht unterscheidet sich das Aufsichtsrecht vor allem dadurch, dass es – von Ausnahmen abgesehen – ein Einschreiten nur zum Zwecke der Korrektur bereits getroffener, nicht auch zur Hintanhaltung künftiger Maßnahmen erlaubt.
Die Einzelheiten der Ausgestaltung des Aufsichtsrechtes waren im Entstehungsprozess der Novelle naturgemäß äußerst strittig.
Insbesondere betraf dies die Ausgestaltung des Rechtsmittels, welches einer Verwaltungsverfahrenspartei gegen eine letztinstanzliche behördliche Entscheidung eines Gemeindeorgans zur Verfügung stehen soll, die Ausgestaltung des Genehmigungsvorbehaltes und die Einbindung der Aufsichtsbehörde bei der Erlassung von ortspolizeilichen Verordnungen durch Gemeinden.
Bezüglich der Überprüfung individueller hoheitlicher Entscheidungen eines Gemeindeorgans führt Art. 119a Abs. 5 mit dem Rechtsinstitut der „Vorstellung“ ein neues Rechtsmittel sui generis ein, welches die Erfordernisse des kommunalen Eigenlebens mit der Notwendigkeit der rechtsstaatlichen Rechtskontrolle verbindet.
Besonders umstritten war dabei die Frage, welche Rechtsstellung der angerufenen staatlichen Aufsichtsbehörde eingeräumt werden soll, ob dieser eine kassatorische oder eine reformatorische Entscheidungsbefugnis eingeräumt werden sollte.
Im Interesse der Gemeindeselbstverwaltung hat der Verfassungsgesetzgeber die Aufsichtsbehörde auf eine kassatorische Entscheidungsbefugnis eingeschränkt: wenn durch einen von einer Verfahrenspartei angefochtenen Bescheid tatsächlich Rechte des Vorstellungswerbers verletzt wurden, darf die staatliche Behörde den strittigen Bescheid von der Gemeinde lediglich aufheben und nicht selbst reformatorisch in der Sache entscheiden.
Die Gemeindeaufsichtsbehörde hat somit im Falle einer Rechtswidrigkeit den gemeindebehördlichen Bescheid bloß aufzuheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Gemeinde zu verweisen; sie darf selbst keine Sachentscheidung treffen.
Der zweite Kernpunkt der Auseinandersetzungen betraf die Regelung über den Genehmigungsvorbehalt in Art. 119a Abs. 8.
Die Gemeindeinteressenverbände wollten verständlicherweise die Zulässigkeit dieser Genehmigungsvorbehalte stark reduzieren, während sich die Vertreter der Länder erwartungsgemäß für einen größeren Anwendungsbereich aussprachen.
Entgegen den Ansichten der Gemeindeinteressenverbände wurde schließlich der Genehmigungsvorbehalt nicht nur auf dem Gebiet der Privatwirtschaftsverwaltung, sondern auch auf dem Gebiet der Hoheitsverwaltung für zulässig erklärt.
Das ergab sich aus der Diskussion über die Zuweisung der Agenden der örtlichen Raumplanung zum eigenen Wirkungsbereich einer Gemeinde.
Dieser Zuweisung stimmten die Ländervertreter nur unter der Voraussetzung zu, dass zugleich die Möglichkeit geschaffen werde, durch Genehmigungsvorbehalte die örtliche Raumplanung mit den Erfordernissen der überörtlichen Raumplanung abzustimmen.
Das Stadtrecht für Städte mit eigenem Statut:
Strittig war auch die Frage, inwieweit Gemeinden ab 20.000 Einwohner ein Rechtsanspruch auf Verleihung eines Stadtrechtes eingeräumt werden soll.
Die Gemeindeinteressenverbände sprachen sich für einen solchen Rechtsanspruch aus, die Länder wandten sich entschieden dagegen und sprachen sich lediglich für eine „Kann-Bestimmung“ aus.
Die Norm des Art. 116 Abs. 3 nähert sich den Vorstellungen der Gemeindeinteressenverbände: Danach ist einer Gemeinde mit mindestens 20.000 Einwohnern auf ihren Antrag durch Landesgesetz ein eigenes Statut zu verleihen.
Allerdings kommt die Bestimmung den Intentionen der Länder insoweit auch entgegen, als dieser Rechtsanspruch nur gegeben ist, „wenn Länderinteressen dadurch nicht gefährdet werden“.
Allerdings waren sich bereits die damaligen Kommentatoren der Problematik der Durchsetzbarkeit des Rechtsanspruches bewusst, weil es keine rechtlichen Sanktionen gegen das Untätigwerden des Landesgesetzgebers gibt.[37]
Im Hinblick darauf, dass mit der Verleihung des Stadtrechtes einer Gemeinde zusätzlich zur kommunalen Verwaltung auch die bezirksverwaltungsbehördliche Tätigkeit für ihren Territorialbereich übertragen wird, enthält Art. 116 Abs. 3 die Anordnung, dass ein solcher Gesetzesbeschluss des Landtages nur mit Zustimmung der Bundesregierung kundgemacht werden darf.
Die Zustimmung gilt allerdings als gegeben, wenn die Bundesregierung nicht binnen acht Wochen mitteilt, dass sie verweigert wird.
Diese Norm ist deshalb von Bedeutung, weil Ministerratsbeschlüsse nach herrschender Lehre nur mit Stimmeneinhelligkeit gefasst werden dürfen. Falls es daher innerhalb der Bundesregierung zu keiner einhelligen Ablehnung eines diesbezüglichen Gesetzesbeschlusses des Landtages kommt, gilt wegen des Fristenablaufes die Zustimmung als nicht verweigert.
Die Übergangsbestimmungen in § 5 der Gemeindeverfassungs-Novelle sahen vor, dass die zur Anpassung der Organisation der Gemeindeverwaltung erforderlichen Bundes- und Landesgesetze bis spätestens 31. Dezember 1965 zu erlassen und einheitlich mit diesem Tag in Kraft zu setzen sind.
Darüber hinaus wurde festgelegt, dass die zur Anpassung der einzelnen Materiengesetze an die Bestimmungen über die Einrichtung des eigenen Wirkungsbereiches im Sinne des Art. 118 Abs. 2 und 3 erforderlichen Änderungen bis 31. 12. 1968 zu erfolgen haben.
Die Studienkommission war ursprünglich dafür eingesetzt worden, durch Erarbeitung eines Musterentwurfes für ein Stadtstatut und einer Gemeindeordnung eine Vereinheitlichung der Gemeinderechtsvorschriften herbeizuführen.
Sie erkannte, dass diese Arbeit sinnvollerweise erst nach einer entsprechenden verfassungsgesetzlichen Neuregelung durchgeführt werden könne.
So verwundert es auch nicht, dass unmittelbar nach Erlassung der Gemeindeverfassungs-Novelle 1962 wiederum eine Kommission eingesetzt wurde, deren Ziel es war, eine Muster-Gemeindeordnung und ein Musterstatut auszuarbeiten.
Mit der Erlassung dieser Muster-Gesetze sollte das Ziel verfolgt werden, dass alle Länder das Gemeinsame gleich regeln und es nur dann zu differenten Regelungen kommt, wenn sich dies tatsächlich auf Grund länderweise gegebener Unterschiede als erforderlich erweist.[38]
Dieses Musterstatut bzw. Muster-Gemeindeordnung wurde im Jahre 1964 fertiggestellt.[39]
Mit der Erlassung dieser Musterentwürfe hat sich nach einer 10-jährigen Zeitspanne damit jener Kreis geschlossen, der mit der Zuweisung der Aufgaben an die Studienkommission für Fortentwicklung des Gemeinderechtes im Jahre 1954 begonnen hatte.[40]
Vor 1962 bereits bestehende Statutarstädte, also insbesondere auch solche mit unter 20.000 Einwohnern, blieben bestehen und so wurden sämtliche damals bestehenden Statutarstädte übergeleitet.
Der Stadt Wels wurde mit Wirksamkeit 01. Jänner 1964 ein Statut verliehen und damit die 15te Statutarstadt Österreichs begründet.
Aufgrund des geltenden Art. 116 Abs. 3 B-VG wurde bis heute – 50 Jahre danach -kein weiteres Statutarstadtstatut mehr verliehen.
Die Wirklichkeit ist nicht wirklich wirklich und die Gemeindeautonomie ein schönes Märchen.
Diese recht großzügig aus der Österreichischen Gemeinde-Zeitung (ÖGZ) übernommene Genese der Gemeindeverfassungs-Novelle 1962 weist nach, dass es nie wirklich im Interesse der Bundesländer gelegen war, den Gemeinden eine echte Autonomie einzuräumen, weder im eigenen Wirkungsbereich der Privatw
irtschaftsverwaltung noch in der qualifizierten Mitwirkung bei der Übertragung neuer Aufgaben.
Wenn Aufgaben übertragen werden, dann fehlen dazu nötige finanzielle Abgeltungen wie man beispielsweise am OÖ. Kinderbetreuungsgesetzes sogar Seitens des Landes einräumt: „Kostenerhöhungen hätte es auch so gegeben, durch den Gratis-Kindergarten wurde die Entwicklung aber beschleunigt“[41]
Wikipedia versteht unter Autonomie[42] den Zustand der Selbstständigkeit, Selbstbestimmung, Unabhängigkeit, Selbstverwaltung oder Entscheidungsfreiheit. Ihr Gegenteil ist die Heteronomie.
Wie autonom bzw. heteronom sind die Gemeinden?
Jede zweite österreichische Gemeinde ist als Abgangsgemeinde nicht mehr in der Lage die Ausgaben durch Einnahmen zu decken. Die Ertragsanteile sinken, der Schuldenstand der Gemeinden beträgt bereits mehr als EUR 12 Milliarden, die Kosten der Gemeinden für Pflege und Soziales explodieren und so ist die Frage wohl eindeutig beantwortet.
Stieger, Martin, 2012: „Die Mär von der Gemeindeautonomie“ in KLUG Friedrich (Hg): „Wahrung und Stärkung der Gemeindeautonomie“, IKW Band 124, Linz 2012, S 20 – 38
http://www.linz.at/bildung/ikw_124.asp
[1] Rotkäppchen, auch bekannt als Rotkäppchen und der (böse) Wolf gilt als eines der bekanntesten europäischen Märchen. Die wohl berühmtesten Versionen stammen aus Frankreich, Deutschland und Ungarn.
[2] Ich darf die Aufgabenstellung dieses Beitrages nicht aus den Augen verlieren, lesen Sie daher selbst weiter: Dickerhoff Heinrich: “Die Wahrheit der Märchen”, 24.10.2007, Welt online
[3] Bundes-Verfassungsgesetznovelle BGBl. 205/1962
[4] siehe dazu sehr ausführlich und informativ: „Die Gemeindeverfassungs-Novelle 1962”, http://www.staedtebund.gv.at/oegz/oegz-beitraege/jahresarchiv/details/artikel/die-gemeindeverfassungs-novelle-1962.html
[5] unter der Oktroyierten Märzverfassung vom 04. März 1849 wird die “auferlegte” Verfassung Kaiser Franz Josephs verstanden, die nie in Kraft trat, denn am 7. März 1849 wurde der Reichstag gewaltsam aufgelöst. Formal wurde sie am 31. Dezember 1851 mit dem Silvesterpatent außer Kraft gesetzt, damit u.a. die Gemeindeautonomie auch schon wieder abgeschafft und der Neoabsolutismus begründet.
[6] Heute „eigener“ Wirkungsbereich der Gemeinde genannt
[7] Diese Gemeinde-Verfassung ist heute noch von Bedeutung, weil sie die Konstituierung der Ortsgemeinden im Sinne der damals bestandenen Katastralgemeinden brachte. Der langjährige Sekretär des OÖ. Gemeindebundes und Verfassungsrechtler Hofrat Univ.Prof. Dr. Hans Neuhofer verweist in seinem “Gemeinderecht, Organisation und Aufgaben der Gemeinden in Österreich”, 2. Auflage, 1998, S. 4, darauf, dass sich die Nachwirkungen dieser Konstituierung der Gemeinden auf Basis der Katastralgemeinden noch heute in der Vielzahl von Klein- und Kleinstgemeinden, vor allem in Burgenland, Niederösterreich und der Steiermark zeigen.
[8] Durch das bis 1918/1919 geltende Wahlrecht war die Selbstverwaltung allerdings auf eine sehr schmale soziale Basis gestellt. Erst mit der Einführung des allgemeinen Wahlrechtes im Jahre 1919 (nach dem Untergang Österreich-Ungarns und dem Gesetz vom 12. November 1918 über die Staats- und Regierungsform in Deutschösterreich erlangten auch die Frauen das allgemeine und gleiche Wahlrecht) bildet der Gemeindeausschuss tatsächlich einen „allgemeinen“ Gemeindevertretungskörper.
[9] Die Einfügung Gemeinderechtes in dieses Hauptstück beruht auf dem rechtsdogmatischen Ansatz eines Bundesstaates, der nur aus dem Bund und den Ländern bestehen kann. Weil es sich bei den Gemeinden nur um Untergliederungen der Länder handelt, habe die systematische Einordnung des Gemeinderechtes in den Abschnitt betreffend die Regelung der Gesetzgebung und Vollziehung der Länder zu erfolgen.
[10] Mit Ausnahme der Regelungen in Art. 119 Abs. 2 B-VG betreffend die Wahlen in die Gemeindevertretungen (VfGH Slg. 1385/ 1931, 1399/1931, 3445/1958).
[11] Art. I Abs. 1, IV, V, VI, XIII, XIV, XVI, XXIII und XXV. Damit wurde auch wieder – im Gegensatz zu den Bestimmungen des Bundes-Verfassungsgesetzes 1920 – die Gemeindeselbstverwaltung mit einem eigenen Wirkungsbereich konstituiert.
[12] BGBl. II Nr. 1/1934, Art. 123 bis 135.
[13] Vgl. DRGBl. I, S. 49 und Einführungsverordnung, DRGBl. I, S. 1167.
[14] Vgl. die Ausführungen von Bürgermeister Franz Jonas in der zweiten Lesung des Nationalrates zur Behandlung der Regierungsvorlage der Bundes-Verfassungsnovelle 1962, abgedruckt in ÖGZ 1962, Nr. 15/16, S. 29.
[15] Zu dieser Zeit Wiens Bürgermeister Franz Jonas – der Obmann des Städtebundes ist seit je her der Wiener Bürgermeister – da immer auch Landeshauptmann – gelegentlich in einer Zwickmühle – wer ist stärker “ich der Vertreter der Interessen der Städte” oder “ich als Vertreter der Interessen der Bundesländer”
[16] damals Bundesrat Ernst Grundemann Falkenberg, heimwehrerprobter Land- und Forstwirt, der als ÖVP-Mandatar zwischen 05.11.1949 und 03.12.1962 dem Bundesrat und vom 14.12.1962 bis 31.03.1970 dem Nationalrat angehörte
[17] Regierung Raab IV: 3. November 1960 bis 11. April 1961: Bundeskanzler Julius Raab (ÖVP), Vizekanzler Bruno Pittermann (SPÖ), 5 Minister ÖVP, 5 Minister SPÖ, je 2 Staatssekretäre ÖVP und SPÖ
[18] Innenminister damals Christian Broda
[19] Schreiben des Bundeskanzleramtes an den Städtebund vom 18. 1. 1961.
[20] ÖGZ 1962, Nr. 3, S. 21 und Nr. 4, S. 19.
[21] Dabei wurde auch die Grundsatzfrage erörtert, ob es überhaupt erforderlich sei, die Grundzüge des Gemeinderechtes auf Ebene der Verfassung festzulegen (vgl. Antoniolli, Referat vor dem 16. Österreichischen Städtetag, abgedruckt in ÖGZ 1961, Nr. 11/12, S. 53 ff.).
[22] 639 der Beilagen der stenographischen Protokolle des Nationalrates, IX. GP.
[23] Emil van Tongel, promovierter Jurist und spondierter Pharmazeut, Wiener Apotheker (Schutzengel-Apotheke), 1964 bis 1970 FPÖ-Klubobmann, Mitbegründer des VDU
[24] Wortmeldung Dr. van Tongel in der ersten Lesung, abgedruckt in ÖGZ 1962, Nr. 13, S. 11.
[25] Vgl. Wortmeldung des Abgeordneten Dr. Prader in der zweiten Lesung, abgedruckt in ÖGZ 1962, Nr. 15/16, S. 34. Georg Prader, ÖVP-Politiker; der vormalige Landesbeamte war von 1954 bis 1959 Mitglied des Bundesrates, 1959 wechselte er in den Nationalrat, wo er bis 1979 ein Mandat innehatte. Von 1964 bis 1970 war Prader Verteidigungsminister in den Kabinetten Klaus I und Klaus II.
[26] Erläuternde Bemerkungen der Regierungsvorlage, abgedruckt in ÖGZ 4/1961, S. 13.
[27] Dies zeigt sich z. B. allein darin, dass in dem von der Studienkommission erstellten Entwurf zwar ein Art. 120 vorgesehen war, aber dazu kein Gesetzestext erstellt wurde (vgl. ÖGZ, 1959, Nr. 1/2, S. 22).
[28] Der Begriff Ortsgemeinde geht auf das auf Basis der Oktroyierten März-Verfassung erlassene Gemeindegesetz, RGBl. Nr. 170/ 1850, zurück
[29] Eine Durchsicht der einzelnen Gemeindeordnungen zeigt eindeutig, dass die Länder entgegen dem klaren verfassungsrechtlichen Auftrag, das Recht der Gemeinden zur Führung wirtschaftlicher Unternehmungen eingeschränkt haben. So lautet z. B. § 65 der Salzburger Gemeindeordnung: (1) Die Gemeinde darf ein wirtschaftliches Unternehmen nur betreiben, wenn dies den Grundsätzen der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit entspricht. Diesen Grundsätzen entspricht der Betrieb eines wirtschaftlichen Unternehmens durch die Gemeinde insbesondere nicht, wenn
a) das Unternehmen zur Befriedigung eines Bedarfs der Bevölkerung nicht erforderlich ist;
b) der Zweck des Unternehmens in gleicher Weise durch einen anderen erfüllt wird;
c) die Art und der Umfang des Unternehmens nicht in einem angemessenen Verhälntnis zu der voraussichtlich dauernden Leistungsfähigkeit der Gemeinde und zum voraussichtlichen Bedarf steht.
(2) Für die Unternehmen sind unter Bedachtnahme auf die Bestimmungen dieses Gesetzes Satzungen zu erlassen, die die näheren Vorschriften über ihre Einrichtung und Geschäftsführung nach den Grundsätzen der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit enthalten.
(3) Für die Beteiligung der Gemeinde an wirtschaftlichen Unternehmungen gilt Abs. 1 lit. c sinngemäß.
(4) Wenn die Gemeinde Aufgaben zu erfüllen hat, die marktbestimmte Tätigkeiten betreffen, können über Beschluss der Gemeindevertretung Betriebe mit marktbestimmter Tätigkeit eingerichtet werden. Betriebe mit marktbestimmter Tätigkeit sind solche, die über eine vollständige Rechnungsführung verfügen, mindestens zur Hälfte kostendeckend im Sinn des ESVG 1995 (Europäisches System der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung) geführt werden und weitgehende Entscheidungsfreiheit in der Ausübung ihrer Hauptfunktion besitzen. Sie bedürfen eines Betriebsstatuts und eines Betriebsleiters.
[30] Selbstverständlich gibt es innerhalb des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde entsprechend dem hierarchischen Aufbau der Verwaltung gemäß Art. 20 B-VG einen Weisungszusammenhang. Art. 118 Abs. 5 B-VG bestimmt den Gemeinderat als oberstes Organ der Gemeinde, indem normiert wird, dass der Bürgermeister, die Mitglieder des Gemeindevorstandes (Stadtrates, Stadtsenates) und allenfalls bestellte andere Organe der Gemeinde für die Erfüllung der ihnen obliegenden Angelegenheiten dem Gemeinderat verantwortlich sind. Dies gilt jedoch nicht für jene Angelegenheiten, die vom Bürgermeister im übertragenen Wirkungsbereich besorgt werden. Hier unterliegt der Bürgermeister nur der Weisungsgewalt der ihm übergeordneten staatlichen Organe. Er ist in diesen Angelegenheiten rechtlich betrachtet, auch keinem anderen Organ innerhalb der Gemeinde verantwortlich.
[31] Vgl. Kinzl/Schütz, ÖGZ 1962, Nr. 15/16, S. 4.
[32] VfSlg. 6944, 8719.
[33] VfGH vom 24. 6. 1952, 7/52, Slg. 2351.
[34] Art. II § 8 ÜG 1929, BGBl. Nr. 393 hat den Gemeinden ein solches Verordnungsrecht, allerdings eingeschränkt auf die Angelegenheiten der örtlichen Sicherheitspolizei zugewiesen. Weiters wurde aber festgelegt, dass die Bestimmungen der Gemeindeordnungen über derartige Anordnungsbefugnisse auch auf anderen Gebieten der Ortspolizei unberührt bleiben.
[35] Vgl. VfSlg. 7960 und 7969.
[36] Wie bereits angeführt, wurden durch Art. II § 8 ÜG 1929 selbständige Verordnungen der Gemeinden, welche auf in landesrechtlichen Gemeindegesetzen enthaltenen Ermächtigungen beruhten und zwischen dem 1. Oktober 1920 (In-Kraft-Treten des B-VG) und dem 11. Dezember 1929 (In-Kraft-Treten des ÜG 1929) erlassen worden sind, verfassungsrechtlich saniert.
[37] Zur Diskussion über diese Problematik vgl. z. B. Gallent, Kurt, Gemeinde und Verfassung, Graz (1978), S.76 f.
[38] Schütz; ÖGZ 1963, Nr. 22, S. 7.
[39] Musterstatut, abgedruckt in ÖGZ 1964, Nr. 14, und Muster-Gemeindeordnung, abgedruckt in ÖGZ 1964, Nr. 20.
[40] Zurecht verweist Neuhofer, in seinem “Gemeinderecht, Organisation und Aufgaben der Gemeinden in Österreich”, 2. Auflage, 1998, S. 11, darauf, dass mit der Erarbeitung dieser Musterentwürfe der Österreichische Städtebund und der Österreichische Gemeindebund wiederum wertvolle Vorarbeiten für die Landesausführungsgesetzgebung geleistet haben.
[41] Landesrätin Doris Hummer in den OÖN, 6. Mai 2012
[42] altgriechisch αὐτονομία, autonomía, „sich selbst Gesetze gebend, Eigengesetzlichkeit, selbständig“, aus αύτός, autos, „selbst“ und νόμος, nomos, „Gesetz“